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Jahrestag Bombardierung DresdensKein Naziaufmarsch dieses Jahr

Die rechtsextreme Szene hat Probleme, für ihre jährliche Großdemo in Dresden zu mobilisieren. Grund dafür scheinen interne Auseinandersetzungen zu sein.

Logo des Bündnisses "Dresden nazifrei". Bild: dpa

DRESDEN taz | Der alljährliche Großaufmarsch von Nazis in Dresden scheint in diesem Februar auszubleiben. Grund sind nach Informationen des Antifaschistischen Rechercheteams Dresden Auseinandersetzungen in der rechten Szene, insbesondere um den bisherigen Organisator, die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO). Auch das Scheitern der Aufmarschkonzepte in den letzten beiden Jahren habe dazu beigetragen.

Am 13. Februar 1945 wurde Dresden von alliierten Bombern weitgehend zerstört. Neonazis hatten in den vergangenen Jahren rund um das Datum zu "Trauermärschen" mobilisiert. 2011 waren an die 3.000 gekommen. Rund 20.000 Gegendemonstranten hatten sich ihnen mit Menschenketten und Sitzblockaden entgegengestellt.

Dabei war es zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen sowohl von Nazis als auch von Linksautonomen gekommen. Marschieren konnten die Nazis in den vergangenen beiden Jahren wegen der überwiegend friedlichen Blockaden nicht.

Für dieses Jahr hatte die JLO den Marsch für Samstag, den 18. Februar, angemeldet. Das werde mittlerweile nur noch zum Schein aufrechterhalten, um Gegendemonstranten ins Leere laufen zu lassen, will das Antifa-Rechercheteam erfahren haben. Hinweise auf eine schwache Mobilisierung der Nazis für diesen Tag hatten auch die städtische "AG 13. Februar" bereits erreicht.

Die plant derzeit eine große Gegendemo unter Beteiligung von Stadt- und Landespolitik - in Hör- und Sichtweite des für den 18. Februar angemeldeten Naziaufmarschs. Wenn der ausfällt, "dann feiern wir eben ein großes Fest der Demokratie", meinte Moderator Frank Richter spontan.

Das Rechercheteam beruft sich unter anderem auf den stellvertretenden JLO-Bundesführer Kai Pfürstinger. Auf der JLO-Homepage wird nur noch zu einem Trauermarsch am Montag, dem 13. Februar, aufgerufen.

In der sächsischen NPD-Landtagsfraktion wird die Aufgabe des Großaufmarschs am 18. indirekt bestätigt. "Wir konzentrieren uns auf den 13. Februar", sagte ein Fraktionsmitarbeiter. Die JLO gilt in NPD-Kreisen ohnehin als "schmalbrüstig", mit den Freien Kräften hat sie sich überworfen.

Kenner der Naziszene beobachten nach dem Scheitern mehrerer Großaufmärsche ohnehin einen Trend zu flexiblen, "dynamischen" Aktionen. Deshalb herrscht in Dresden nun große Ungewissheit, womit für den 13. Februar zu rechnen ist. Die Antifa erwartet nur kleinere Aktionen. Als Gegenproteste sind für Montag unter anderem die traditionelle Menschenkette, ein Gedenken am Heidefriedhof und der "Täterspuren"-Rundgang geplant. In den vergangenen Jahren veranstalteten die Nazis relativ ungestört einen Fackelzug.

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13 Kommentare

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  • A
    @axel

    Danke für den Link!!!

     

    Interessant ist auch ein Link von dieser Seite zu drei Quiz-Spielen zum Thema Faschismus:

     

    http://www.npd-verbot-jetzt.de/quiz/

  • A
    axel

    Dazu auch:

     

    Offener Brief der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes /Bund der Antifaschisten, dem weite Verbreitung zu wünschen ist:

     

    "Jeder Nazi-Aufmarsch verhöhnt die Opfer

    In einem offenen Brief wendet sich die VVN-BdA bezüglich des anstehenden Neonazi-Aufmarsches in Dresden an die politisch Verantwortlichen...."

     

    http://vvn-bda.de/aktuelles/2012/20120113.html

  • K
    Klaus-Peter

    Begrifflichkeiten macht einen auf Oberlehrer und ist zugleich Freund und Verwender der Extremismustheorie?!

    Kommentarfunktion abschaffen, jetzt!

  • AN
    arno nym aus DD

    Der neue Faschismus kommt im Gewand des Kapitalismus daher. Unterdrückung und Spaltung der Gesellschaft laufen heute primär über die Verteilung von Kapital.

     

    Und ja, ein "Gedenken an die Opfer" ist relativierend. Das kann mensch z.B. auf dem Täterspuren Rundgang lernen. "rumgeopfere" meint eben, dass der historische Kontext der Bombardierung in den Hintergrund rückt und das Dritte Reich zum Opfer der allierten Bomber umgedeutet wird, wo sie vor allem als Täter in die Geschichte eingehen sollten!

     

    Nicht umsonst bedient sich die AgV auch der Symbolik der weißen Rose, die von den Initiatoren der Menschenkette kommt. Und nicht umsonst finden sich sowohl bei der Heidefriedhofs-"Veranstaltung" als auch in der Menschenkette Neonazis ein und trauern rum.

  • G
    GoodSpeak

    @Carsten @U.Schmidt hier eure partei: http://www.npd.de/html/321/

     

    und @Molle und @Begrifflichkeiten

    +1 +1 +1

     

    ...

  • PK
    peinliche Kommentare

    Ich finde die Kommentare, die ich zu dem Artikel von Michael Bartsch hier soeben gelesen gelesen habe, sehr erschreckend!!!

     

    Ich wohne seit 15 Jahren in Dresden und ich fand und finde das Rumgejammere und Opferdasein von Dresden von Anfang an sehr merkwürdig und politisch kritisch.

    Für mich zugezogene war es kein Wunder, dass die Aufzüge der NeoNazis hier immer größer und beliebter wurden. (Gleichzeitig werden hier das ganze Jahr über soviele Feuerwerke veranstaltet, wie ich es noch nirgends erlebt habe. Fast täglich. Seltsam in so einer vom Feuer gebrandmarkten Stadt.)

     

    "Als Nicht-Dresdner fand ich die Zeichen der Bürger-Gesellschaft bisher und wohl auch weiterhin gut. Gut, dass sie sich gegen die antidemokratischen Triebe stellt."

    Leider kann ich diesen Satz aus Erfahrung nicht unterschreiben. Gerade das sog. konservative Bürgertum in Dresden/Sachsen tut sich mit Demokratie auf allen Ebenen und in vielen Bereichen sehr, sehr schwer.

    Ich würde Dresden eher als antidemokratisch einstufen. Es gibt BürgerInnen und politische Kräfte, die seit Jahren versuchen, konstruktiv an dieser Haltung etwas zu ändern. Aber es ist wirklich mehr als mühselig. Dennoch Danke an all' diese Menschen in Politik und Alltag.

     

    Dass dieses Jahr auch die sog. (CDU-)Bürgerlichen, die sonst nichts mit Gegendemonstrationen oder Demonstrationen überhaupt zu tun haben möchten,

    mit am Tisch sitzen, liegt wohl eher an dem immer größer werdenden bundesweiten Interesse an diesen antidemokratischen Verhältnissen in dieser Stadt, in diesem Staat, dessen Landeshauptstadt Dresden ist. Und wohl nicht zuletzt an den aktuellen Ereignissen bzgl. NSU etc. Somit ist ein Mitmachen der bisherigen Demonstrationsverweigerer im Stadtrat und Landtag auch eher als ein öffentlich wirksames Einknicken und als Erfolg der bisher stark kritisierten Mobilisierungen von Außerhalb in den vergangenen Jahren zu deuten. Ob sich bei den Dresdnern und Sachsen, die jetzt erstmals mit demonstrieren möchten, auch in der Einstellung zur Demokratie an sich was ändert, werden wir in den kommenden Jahren beobachten müssen.

     

    Ich glaube schon, dass sich sehr viele Menschen, die auch in den vergangenen Jahren bereits gegen die Neonazis demonstriert haben oder die Gegendemonstranten unterstützt haben, ein großes Fest feiern werden, wenn es nichts zu gegendemonstrieren gäbe...

     

    Wäre ein toller Erfolg!

     

    P.S.: Danke an Hr. Thierse, andere Politiker aus anderen Ländern und Künstler, die sich schon seit einiger Zeit hier in Dresden zu solchen Anlässen zeigen und äußern!!!

  • U
    U.Schmidt

    Die arme Antifa - wo wollen "die" nun ihren Deutschenhaß, ihr "Bomber-Harris, do it again" Sprüche ablassen, wo soll ein Thierse (zu "DDR"-Zeiten abgetaucht) sein Engagement für Freiheit und Demokratie zur Schau stellen? Merke: der neue Faschismus kommt heute im Gewande des Antifaschismus daher (Zitat nicht von mir, aber richtig)

  • B
    Begrifflichkeiten

    Vielleicht können sich die taz-Schreiber mal an die korrekte Begriffe gewöhnen:

     

    Es gibt fast keine "Nazis" mehr, diese Teilnehmer von '33-'45 sind nahezu verstorben. Fans von der Ideologie sind NEOnazis! Faschisten gibt es genauso wenige.

     

    Und Rechts ist nicht gleich Rechtsradikal nicht gleich REchtsextrem. Links ist auch nicht gleich Linksextreme, Autonom.

     

    Das kann doch nicht so schwer sein.

  • M
    Molle

    Die Überschrift des Artikels ist leider sehr unglücklich gewählt.

    Auch wenn der große Aufzug am 18. Februar tatsächlich abgesagt werden sollte, bliebe immer noch der 13. Februar. Und wenn da ein paar hundert Nazis ihren "Trauermarsch" veranstalten sollten, dann sind das immer noch ein paar hundert zu viele.

  • AA
    an A-Team...

    auach wenn sich das mit ihrer linksradikalen antifa-coolness nicht zu vertragen scheint, ist ihr letzter satz großquatsch: die taz steht meiner beobachtung nach sehr deutlich gegen die nazis, richtet blockadeticker ein, macht gute vorfeld-berichterstattung. nur vetritt sie nicht das sektiererische spaltungskonzept weniger, das noch in jedem demokraten einen verkappten ns-relativierer "erkennt".

    schade, dass solche positionen immer wieder linke debatte zu vergiften suchen.

    das spalten sollten wir nazis überlassen. antifaschisten und linke sollten sachlich debattieren und strategisch vorgehen.

  • C
    Carsten

    Och Menno, das können die Nazis doch nicht machen! Jetzt fällt ja das ganze tolle Action-Wochenende für die Antifa aus! Mit wem sollen sich die Linken denn jetzt prügeln? Echt fies!

     

    @ (A)-Team Tel Aviv:

    Bomben auf »Antideutsche«!

  • O
    Oneofmany

    Na das ist mal ein etwas kurioserer Kommentar. Können Sie einen nicht allzu tief in der Materie Verstrickten erklären, was genau Sie damit meinen?

     

    Also das "Dresdner "Rumgeopfere" (von welcher Seite?), das "inhaltlich anschlussfähige Gedenken", welches "auch seit jeher von Nazis besucht wird".

    Oder meinen Sie, es sei eben *nicht anschlussfähig und zwar darum?

     

    Als Nicht-Dresdner fand ich die Zeichen der Bürger-Gesellschaft bisher und wohl auch weiterhin gut. Gut, dass sie sich gegen die antidemokratischen Triebe stellt.

     

    MfG

  • AT
    (A)-Team Tel Aviv

    Ekelhaft, wie hier das Dresdner Rumgeopfere als "antifaschistisch" bezeichnet wird. Etwas das "Gedenken" auf dem Heidefriedhof, das nicht nur inhaltltich anschlussfähig ist, sondern auch seit jeher von Nazis besucht wird - ohne das sich die Akteur*innen und das Dummvolk der "Sächsischen Demoraktie" daran störten.

    Aber schön, dass die taz hier so deutlich macht, auf wessen Seite sie steht: Auf der der NS-relativierenden und Dresden zum "Bombenholocaust" erklärenden Deutschen.