Jahresrückblick 2017: Trump, Putin und Erdogan machen die Fliege

Wie Olaf Scholz einen schönen Traum hat, der leider nicht in Erfüllung geht, dafür aber andere Dinge passieren, die noch viel besser sind.

Meteorit über Hamburg: Dieses Amateurfoto der Ereignisse vom Juli 2017 wurde der taz vorab zugespielt. Es zeigt den Meteoriten kurz vor dem Einschlag über dem nördlichen Stadtrand in der Nähe der A7. Foto: RIA Novosti/dpa

4. Januar

Olaf Scholz erwacht mürrisch aus seinem Traum. „So ein dummes Ende!“, sagt er sich, „Der Anfang war so gut!“ Jetzt, wo immer mehr Politiker sich zu Autokraten wandeln, war es auch ihm im Traum reizvoll erschienen, von nun an als „König Olaf zu Hamburg“ seinen Amtsgeschäften nachzugehen und per Dekret das Kielholen wieder einzuführen. Bis die dumme Pute Fegebank mit ihrem Demokratiegedöns mal wieder alles kaputt gemacht hat und ihm durch Security-Männer die Krone vom Kopf reißen und so verbiegen ließ, dass an erneutes Aufsetzen nicht zu denken war. Scholz kratzt sich am Kopf, wo eben noch die Krone gesessen hatte. Er wird der Fegebank etwas unterjubeln müssen. Die geht ihm gehörig auf den Sack.

11. Januar

Nach 21.000 Tagen Bauzeit und dem Verschwinden von 14,85 Millionen Euro Steuergeldern im Gewusel zwischen Bauamt, Kalle Schwensen und Hochtief wird das aus irgendwelchen Gründen für nötig befundene Konzerthaus „Elbphilharmonie“ eröffnet. In Ermangelung hanseatischer Prominenz von Rang und ohne Alkoholproblem erscheinen „die guten Geister der Stadt“, wie Olaf Scholz in seiner Eröffnungsrede sagt, nämlich Helmut Schmidt, Heidi Kabel, Uwe Seeler und Walross Antje, als Hologramm auf der Bühne. Die Technik ist so verblüffend, dass es sogar gelingt, mentholhaltige Rauchschwaden über Helmut Schmidt aufsteigen zu lassen. Da man übersehen hat, dass Uwe Seeler noch gar nicht tot ist, kommt es vor der Bühne zu einem Eklat. Für einen weiteren Skandal sorgen die G20-Gegner, die „Hamburg – Gastgeber für Verbrecher! Fight G20!“ an das Gebäude projizieren.

8. Februar

Nach Vorstößen des City-Ausschusses, das Musizierverbot als Antwort auf Lärmbeschwerden auf weitere Teile der Innenstadt auszuweiten, beschließt der Senat weitere Maßnahmen, um die Freudlosigkeit der City zu steigern. So sollen verstärkt Ketten wie Starbucks, Vodafone und Anbieter von E-Zigaretten in den Einkaufsstraßen ihre Geschäfte eröffnen. Zudem sollen Kinder nur noch zwischen 16 und 18 Uhr die Innenstadt betreten dürfen oder wenn sie im Besitz eine Tagespasses sind, der für 4,50 Euro an den Büros der Touristeninformation zu erwerben ist. Um dem Vorwurf der Grünen entgegenzutreten, die eine „kulturelle Verödung“ befürchten, verspricht der City-Ausschuss, Hamburg durch gezielte Anreize zur „Stadt der Pantomime“ zu machen.

17. März

Als Maßnahme zivilen Ungehorsams haben die Anwohner der Sperrzone jede auffindbare Luftmatratze vermietet

Um seinen Ruf als Medienstandort irgendwie aufrechterhalten zu können, stellt die Stadt das Museum für Kunst und Gewerbe in den Dienst der Privatwirtschaft und lässt Die Zeit in einer viermonatigen Ausstellung das Zeit Magazin präsentieren. Im Gegenzug sagt Giovanni di Lorenzo sein Auftreten neben Olaf Scholz bei zwei Schiffstaufen und einem Essen für Arme zu.

1. April

Unter dem Titel „Information über unsere Gäste“ landet ein Flyer in offizieller Aufmachung in den Briefkästen von rund 20.000 Haushalten, in denen über die Verbrechen einiger Staatsoberhäupter informiert wird, die zum G20-Gipfel erwartet werden. Das Infoblatt lässt Hunderte empörter Bürger die darin veröffentlichte Telefonnummer des Innensenators wählen. Die Verantwortlichen bleiben unerkannt.

24. April

Der Mississippi-Dampfer geht unter.

5. Mai

Die Blockupy-Bewegung ruft Hamburg offiziell zur „Lieblingsstadt 2017“ aus. Erste Aktivisten schlagen ihre Zelte in sogenannten „Pop up Fields“ auf.

10. Mai

Die Bahn informiert die Stadt über ein auffallend hohes Buchungsaufkommen für Reisen nach Hamburg vor dem 7. Juli, vor allem aus Italien, Griechenland und Frankfurt. Olaf Scholz veröffentlicht im Hamburger Abendblatteinen Brief an die Bürger, besonnen zu bleiben, und der „linken Antihaltung gegen alles, das nicht lupenrein demokratisch ist, auch kritisch gegenüberzustehen“. Er appelliert an die Weltoffenheit der Hamburger und „unsere traditionelle Gastfreundschaft“.

18. Mai

Der Senat gibt Teile der Alster zum Schwimmen frei und bewilligt Liegeplätze für 500 Hausboote im Bereich der Hafencity.

4. Juni

Immer mehr Aktivisten errichten Pop up Fields, vor allem die Alsterufer werden sehr schön bunt. Die Bilder vom fröhlichen Hamburg bei herrlichstem Sonnenschein finden vor allem in den USA große Verbreitung und inspirieren auch gänzlich unpolitische Leute zum Spontantrip nach „Tent-Hamburg“.

16. Juni

Rund 15.000 „Tentys“, wie sich die Zeltenden selbst nennen, campieren mittlerweile in der Stadt und haben auch die schönen Alsterläufe in Winterhude für sich entdeckt.

6. Juli

G20: Als Maßnahme zivilen Ungehorsams haben die Anwohner der Sperrzone rund um das Messegelände sich Übernachtungsgäste eingeladen und jede auffindbare Luftmatratze zu Spottpreisen vermietet, sodass sich rund vier Mal so viele Personen im Viertel aufhalten wie üblich. Wo es nur geht, wird gegrillt, gekickt und Straßentheater aufgeführt. Die Beamten sind erkennbar überfordert. Wie blank die Nerven liegen, zeigt ein Zwischenfall in der Glashüttenstraße, wo der Mischling „Gurke“ erschossen wird, weil er der Aufforderung, stehen zu bleiben, nicht nachkam.

7. Juli

Das Eintreffen der 20 Staatsoberhäupter auf dem Messegelände wird begleitet von Protesten und Krawallen, die Knäste füllen sich schneller als die Elbe fließt. Der Innenstadtbereich ist überzogen von Rauchschwaden und Tränengas. Olaf Scholz ruft zur Mäßigung auf und verspricht jedem, der sich freiwillig in Gewahrsam begibt, lebenslangen freien Eintritt im Bäderland oder einen Hotellerie-Ausbildungsplatz in der Türkei. Nützt nichts. Weitere Sicherheitskräfte müssen geordert werden, allein im Karoviertel und in der Schanze sind 11.000 Personen im Einsatz. Das Gebiet wird zur Kampfzone erklärt. Das zieht viele junge Männer an, die glauben „Ego Shooter“ würde hier als Live-Version angeboten.

Viele der Gäste fühlen sich wie zu Hause und loben das heimelige Flair der Stadt. Die Bordelle haben bis nach Stade hoch Full House, das Despoten-Lakaiensperma spritzt wie sonst nur die Alsterfontäne.

8. Juli

In den frühen Morgenstunden verdunkelt sich der Himmel überraschend. Ein Meteorit rast völlig unvorhergesehen auf Hamburg zu. Um 5.38 Uhr schlägt er in der Hansestadt ein und vernichtet diese bis auf die südlichen Randbezirke. Trump, Putin und Erdogan sind nicht unter den Opfern. Sie waren für Geschäfte nach Hannover gefahren.

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