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■ VorschlagJacques Demys „Regenschirm“-Film

Jacques Demy, vor sechs Jahren gestorben, muß ein Kind des Glücks gewesen sein. Das klingt merkwürdig bei einem Filmregisseur, der nur eine Handvoll Filme machen durfte. Aber während die jungen Regisseure der „Nouvelle Vague“ zornige Blicke warfen, war Demys Blick voller Zärtlichkeit. Er feierte die Liebe mit den berückendsten Frauen, den leidenschaftlichsten Männern, den leuchtendsten Farben und der beschwingtesten Musik. Demy war heiter, aber er war nicht naiv. Das belegt am besten sein Film „Die Regenschirme von Cherbourg“ (1963) – ein Film, in dem jedes Wort gesungen wird. Wenn der junge Autoschlosser Guy (Nino Castelnuovo) seinen Schraubenschlüssel sucht, teilt er dies seinen Kollegen singend mit, wenn seine schöne 16jährige Geliebte Geneviève (Catherine Deneuve) im Geschäft ihrer Mutter aushilft, hält sie den Kunden die Tür auf und singt: „Au revoir, monsieur et bonne journée.“ Die Musik von Michel Legrand paßt perfekt zur Atmosphäre.

Was haben wir also? Eine etwas zuckrige Geschichte über einen Autoschlosser und eine Verkäuferin, die leidenschaftlich verliebt sind, kleinbürgerliche Verhältnisse, eine Einberufung zum Algerienkrieg und Gesang. Wäre das alles, dann fehlte es dem Film an Vitalität. Die kommt mit der Farbe. Niemals hat es im Film solche Farben gegeben, nie solch ein unwahrscheinlich rotes Rot, sattes Blau oder reines Orange. Die Kleider, Tapeten, Möbel, Häuserwände – alles ist in die herrlichsten Farben getaucht. Das geht soweit, daß sich die Farben der Kostüme im Muster der Tapete wiederfinden, vor der die Damen gerade stehen. Es ist das Kobaltblau von Guys Monteursanzug, das die Leidenschaftlichkeit seines Werbens vor dem Lächerlichen bewahrt. Anja Seeliger

Heute, 20 Uhr, Haus der Kulturen der Welt

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