JOST MAURIN ÜBER DEN BIOFLEISCH-BOOM : Besser ist nicht gut genug
Eigentlich eine erfreuliche Nachricht, solange es Fleischkonsum gibt: Der Markt für Biofleisch ist 2012 in Deutschland in zweistelliger Höhe gewachsen. Das ist besser für die Tiere, die in Bioställen mehr Auslauf und Platz als bei der konventionellen Konkurrenz haben. Gleichzeitig profitiert die Umwelt, weil fast das gesamte Futter ohne chemisch-synthetische Pestizide und Dünger hergestellt wird.
Aber besser ist nicht gut genug. Denn die Realität in vielen Biobetrieben entspricht nicht dem, was die Verbraucher von ihnen erwarten: eine artgerechte Haltung und die Produktion des Futters auf dem eigenen Hof oder in der Region.
In Wirklichkeit erzeugt kaum ein Ökobetrieb sein Futter vollständig selbst. Die Ökoverordnung der Europäischen Union macht sogar nur schwammige Vorgaben, dass das Futter hauptsächlich „im gleichen Gebiet“ produziert werden muss. Der Rest darf sogar aus Ländern stammen, die für den Anbau des Futters den Regenwald abholzen.
Missstände gibt es auch beim Tierschutz. Ein Beispiel: Die meisten Biohühner leben in Gruppen von 3.000 Tieren. Bei so vielen Artgenossen können sie keine stabile Rangordnung etablieren – was ein Grund dafür ist, dass sie sich gegenseitig die Federn auspicken.
Der Boom der Öko-Tierhaltung vergrößert diese Probleme der Biobranche. Sie sollte die Wachstumszahlen deshalb zum Anlass nehmen, den Tierschutz zu verbessern und mehr Futtermittel selbst anzubauen. Und damit alle mitziehen, müssen die Biolobbyisten darauf hinwirken, dass die Behörden die Vorschriften verschärfen. Sonst könnte den Ökos der an sich erfreuliche Boom bald auf die Füße fallen.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8