Italienische Staatsanwaltschaft ermittelt: Rüstungsfirma unter Verdacht
Hat die deutsche Waffenschmiede Messerschmitt-Bölkow-Blohm in den 80ern Uranmunition auf Sardinien getestet? Eine Zeuge behauptet das. Eine Ermittlung läuft.
BERLIN taz | Die italienische Staatsanwaltschaft in Lanusei auf Sardinien untersucht, ob die deutsche Rüstungsfirma Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) in Kooperation mit der Bundeswehr Ende der 1980er-Jahre Uranmunition auf der italienischen Mittelmeerinsel getestet hat.
Die Untersuchung ist Teil einer Ermittlung des Staatsanwaltes Domenico Fiordalisi gegen den ehemaligen Kommandanten des Truppenübungsplatzes "Salto di Quirra". Seit Jahren treten gehäuft Todes- und Missbildungsfälle bei Mensch und Tier innerhalb und im Umkreis des Sperrgebietes auf.
"Die Missbildungen waren beträchtlich und ließen an eine mögliche radioaktive Verseuchung denken - etwa durch Uranmunition, die von der Nato in Kriegen eingesetzt wurde", sagte der Staatsanwalt Domenico Fiordalisi der sonntaz. Außerdem seien in den Knochen eines Schafs Uranspuren festgestellt worden.
Nach der Zeugenaussage eines zu diesem Zeitpunkt auf dem Nato-Schießplatz "Salto di Quirra" im Südosten der Insel stationierten Hauptmanns der italienischen Luftwaffe seien 1988 und 1989 zu Testzwecken zwei Flugkörper des Typs "Kormoran 2" mit Gefechtsköpfen aus abgereichertem Uran auf Ziele im Meeresteil des militärischen Sperrgebiets abgefeuert worden.
Eine Rakete habe das Ziel – ein seitdem verschwundenes Boot – getroffen, die andere sei im Meer versunken. Trägerflugzeuge seien auf dem sardischen Stützpunkt Decimomannu stationierte Bundeswehr-Tornados gewesen. Er halte diesen Zeugen für "sehr glaubwürdig", sagte der Staatsanwalt Fiordalisi der sonntaz.
Weder das Bundesverteidigungsministerium noch die Luftwaffe der Bundeswehr wollten sich zu den Ermittlungen äußern. Die Firma MBB gehört heute zu EADS, der European Aeronautic Defence and Space Company. "Ich kann definitiv ausschließen, dass MBB beziehungsweise EADS jemals Uranmunition verwendet haben", sagte ein EADS-Sprecher.
Die Ganze Geschichte "Das vergiftete Paradies" steht an diesem Wochenende in der sonntaz.
Leser*innenkommentare
Karl
Gast
Bischen dümmlich der Ansatz angesichts bisher bekannter Fakten über STV und DU, oder?
Glücklicherweise dürfte ein DU Gefechtskopf dürft eine Kormoran eine erhebliche Masse DU enthalten haben. Dmit erscheint ein chemisch analytischer Nachweis solch schwerer Elemente, so tatsächlich im Sediment vorhanden, als mit qualifizierter Spurenanalytik durchaus machbar. Der Nachweis steht und fällt aber, wie immer mit der angemessenen Probenahmemethodik.
Die im Artikel angesprochenen Schäden müssen aber nicht notwendigerweise von DU stammen. Dazu wären auch, seit viele Jahrzehnten bekannt, die Rückstände konventioneller Sprengstoffe (STV)in der Lage. Und es darf auch nicht vergessen werden, hier WK II Altlasten wie die S´Bari versenkte ital. Kampfstoffmunition auszuschließen.
Natürlich ist auch eine Kombination aller aufgeführten Faktoren über dieses Gelände in der Lage humantoxische Substanzen freizusetzen.
Natürlich ist in diesem Zusammenhang auch zu klären, welche Expositionspfade womit belastet sind....
Ein ziemlich komplexes Problem, um hier a priori von einer DU Belastung auszugehen...
Glück auf!
Karl