: Ist der DFB rechtsextrem
■ Fanprojekte, JournalistInnen, PolitikerInnen und Kicker über Fußball und Rassismus
Ist der DFB rechtsextrem?
Fanprojekte, JournalistInnen, PolitikerInnen und Kicker über Fußball und Rassismus
Eins auf die Fresse oder integrierende Sozialarbeit?Foto: Holger Blöhte
„Der DFB hat sich teilweise rechtsradikal verhalten“, sagt der Mann auf dem Podium ganz cool. Und es ist nicht irgendwer, der da schweres Geschütz auffährt. Uwe Harttgen ist Profi bei Werder Bremen. Er saß am Mittwoch gemeinsam mit Spielerkollegen, Vertretern der Fanprojekte von Werder und St. Pauli, JournalistInnen und der Kultursenatorin auf einem Podium in der Bremer Schauburg. Das Thema: „Fußball und Rassismus“. Anlaß war die Vorstellung eines Buchs gleichen Titels.
Ein zuschauerträchtiges Thema, aber am Ende war das Zahlenverhältnis zwischen Podium und Zuschauern 5:1. Und wären nicht Uwe Harttgen und Sven Brux vom St. Pauli-Fanladen gewesen, der Abend wäre nur einigermaßen wohlgefällig
hierhin bitte das
Foto mit den Fußballfans
hinter der
Deutschlandflagge
aber langweilig vorbeigegangen.
Seit den frühen 80er Jahren ist Rassismus ein Problem bei Profispielen. Die „Wende“ und eine andere Berichterstattung über Fangruppen wie die Dortmunder „Borussenfront“ hätten den offenen Rassismus befördert: das war eine der Kernthesen auf dem Podium. Und die Verbände hätten das Problem viel zu spät erkannt. Der DFB sei mit seiner Aktion „Mein Freund ist Ausländer“ nur auf fahrende Züge aufgesprungen, kritisierte der Journalist Dietrich Schulze-Marmeling. Das sei eben ein sehr, sehr konservativer Verein.
Klartext redete dagegen Uwe Harttgen: Der Besuch des Altnazis Rudel bei der Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft in Argentinien spreche für sich, insbesondere, daß damals
die Spieler zur Teilnahme gezwungen worden seien.
„Die Rufe gegen Anthony Yeboah kamen auf Schalke nicht aus den Fanblocks, sondern von den besseren Rängen“, erzählte Schulze-Marmeling. Der Rassismus, das wurde schnell klar, ist kein Phänomen der Stadien, und schon gar nicht allein der Fankurven. Der Haß kommt aus dem Bauch der Gesellschaft. Und doch drehten sich die Beiträge immer wieder um diejenigen, die am sichtbarsten sind: Die Fans.
Eins auf die Schnauze oder integrierende Sozialarbeit, diese Debatte wurde vor allem durch den St. Pauli-Fan Sven Brux angestoßen. Der wollte vom „pastoralen Beitrag“ des Bremer Fanprojekt-Mitarbeiters Harald Klingebiel nichts wissen. „Den Kampf gegen die Faschos, den
haben wir selbst gemacht. Erst gibts Flugblattaktionen, wenn das nichts fruchtet, dann müssen wir zu anderen Mitteln greifen.“ Gelächter, Applaus aus dem Publikum. „Wenn der Fascho im Stadion sitzt, muß der da raus.“ - „Nur wohin“, fragte Helga Trüpel dazwischen. „Das ist keine Lösung“, gab Brux zu. „Aber aus dem Stadion soll er raus sein.“
Widerspruch dazu gab es nicht allein aus dem Bremer Fanprojekt. Auch der Psychologiestudent Uwe Harttgen plädierte eher fürs Reden: „Dialog verunsichert“, meinte er.
Den verunsicherten Jugendlichen müßten dann Bezugspersonen angeboten werden. Und aus dieser Verantwortung käme niemand so leicht heraus: „Da sind wir schon auch als Vorbilder gefragt.“ J.G.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen