Israelisch-libanesische Grenze: Tote bei Schusswechsel
Bei dem schwersten Zwischenfall seit vier Jahren kommen drei libanesische Soldaten ums Leben. Die Türkei begrüßt Israels Zustimmung zu einer UN-Untersuchung.
JERUSALEM taz | Einen Tag nach dem Raketenangriff im Golf von Akaba ist es zu einem Schusswechsel an der israelisch-libanesischen Grenze gekommen. Über den Hergang machten beide Seiten widersprüchliche Angaben. Bei dem Zwischenfall handelt es sich um die heftigste Konfrontation seit dem Krieg vor genau vier Jahren. Kämpfer der schiitischen Hisbollah waren in den Vorfall offenbar nicht verwickelt.
Libanesischen Berichten zufolge kamen am Dienstag drei Soldaten ums Leben, als ein Armeefahrzeug beschossen wurde und zu brennen begann. Außerdem seien zwei israelische Soldaten verletzt worden. Nach Darstellung der libanesischen Armee soll eine israelische Einheit nahe dem Dorf Adisseh auf libanesisches Gebiet vorgedrungen sein, um dort im Feuerschutz eines Panzers einen Baum zu fällen, der die Sicht behinderte.
Ein Armeesprecher in Jerusalem meldete wiederum, dass israelischen Soldaten "mit routinemäßigen Kontrollaktivitäten" beschäftigt gewesen seien, als sie "von libanesischem Gebiet aus beschossen wurden". Die israelischen Streitkräfte verhängten mit Blick auf eigene Opfer eine Militärzensur.
Die Türkei begrüßte unterdessen die Bereitschaft Israels, bei einer UN-Untersuchung des Marine-Desasters Ende Mai vor der Küste Gazas zu kooperieren. Die israelischen Soldaten hatten einen Hilfskonvoi mit sechs Schiffen abgefangen und bei gewaltsamen Auseinandersetzungen sechs pro-palästinensische Aktivisten getötet. Die Kommission wird von dem früheren neuseeländischen Ministerpräsidenten Geoffrey Palmer dem scheidenden kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe geleitet. Das Team soll Mitte nächster Woche die Arbeit aufnehmen und innerhalb eines Monats einen ersten Bericht abliefern.
Aus Jerusalem verlautete, dass die UN-Kommission weder israelische Soldaten noch Zivilisten verhören dürfe, sondern sich auf Dokumente beziehen müsse. Möglich ist, dass Politiker vorgeladen werden. Auch die zivile israelische Untersuchungskommission, die am kommenden Montag ihre Arbeit aufnimmt, darf offiziell keine Soldaten vorladen. Die Richter wollen allerdings im konkreten Fall über Ausnahmen entscheiden.
Dass Israel zu einer Kooperation mit einer UN-Untersuchung bereit ist, hat es noch nicht gegeben. Grund für das Umdenken in Jerusalem dürfte zum einen die Erfahrung mit dem sogenannten Goldstone-Bericht sein, der UN-Untersuchung nach dem Gazakrieg, die Israel der Kriegsverbrechen anklagte und den Verdacht auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit äußerte. Zum anderen steht Israel unter massivem Druck der USA. Berichten der liberalen Haaretz zufolge riet das Weiße Haus dringend zur Zusammenarbeit. Nur so könnten weitere anti-israelische Entscheidungen in der UNO verhindert werden. Die Zeitung zitiert einen "hohen Regierungsgbeamten" in Jerusalem, der sagt, es habe keine andere Wahl gegeben. "Wir wären als die Neinsager betrachtet worden."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein