Israel und die Palästinenser: Eskalation und Annäherung
Ein Toter und vier Verletzte im jordanischen Akaba: Die jüngste Gewalt steht vermutlich im Zusammenhang mit einer geplanten Wiederaufnahme der Friedensgespräche.
JERUSALEM taz | Bei einem erneuten Raketenangriff am Roten Meer starb am Montag ein Jordanier, vier weitere wurden verletzt. Die tödliche Grad-Rakete, die israelischen Informationen zufolge, iranischer Herkunft ist und mit großer Wahrscheinlichkeit auf Israel gerichtet war, schlug kurz vor acht Uhr morgens auf der Einfahrt zum InterContinental Hotel im jordanischen Akaba ein.
Die Stadt liegt in unmittelbarer Nähe zum israelischen Ferienort Eilat. Möglich ist, dass der Angriff in Zusammenhang mit der sich abzeichnenden Wiederaufnahme des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses steht. Die PLO-Führung beriet am Montag in Ramallah über die Bedingungen für direkte Verhandlungen.
Bis zum Abend wurde im israelischen Sicherheitsapparat spekulierte, ob die Täter zum "globalen Djihad oder einer anderen Terrorgruppe" gehören. Die drei Nachbarstaaten kooperieren bei der Suche nach den Tätern. Dieser Typ Rakete ist, israelischen Militärangaben zufolge, mit je sechs Kilogramm Sprengstoff ausgerüstet und verfügt über eine Reichweite von 20 Kilometern. Bei den Angriffen handelt es sich möglicherweise um einen aus Teheran lancierten Versuch, die nahöstlichen Friedensgespräche zu untergraben. "Die iranische Regierung stellt den Palästinensern immer wieder Hindernisse in den Weg", sagt der palästinensische Menschenrechtsaktivist Bassem Eid.
Israels Staatspräsident Schimon Peres sprach von einem "Kampf im Nahen Osten zwischen dem Friedenslager der moderaten Staaten und dem Lager der Extremisten, die keine Gelegenheit auslassen, um einen Frieden zu verhindern". Noch in der Nacht zum Montag starb auch im Gazastreifen ein Mann und 24 Menschen wurden verletzt, als ein Sprengsatz vorzeitig explodierte, der offenbar für ein Attentat gedacht war. In dem Haus lebt der Hamas-Armeekommandant Alla al-Danaf. Er überstand die Explosion unbeschadet.
Seit dem Krieg vor eineinhalb Jahren kommt es nur noch sporadisch zu gegenseitigen Angriffen. Auch die Ende letzter Woche aus dem Gazastreifen abgeschossenen Raketen stammen vermutlich nicht von der Hamas. Trotzdem wird das strikte Regime die Angriffe der noch radikaleren Islamisten zumindest passiv unterstützen. Die Hamas hatte die Palästinensische Autonomiebehörde stets scharf kritisiert, wenn sie sich der israelischen Forderung auf eine Wiederaufnahme der Gespräche näherte und wird kaum Stillschweigen bewahren, sollte es tatsächlich zu direkten Verhandlungen kommen.
Palästinenserpräsident Machmud Abbas schien es gar nicht so eilig damit zu sein, von der Arabischen Liga Grünes Licht für den Friedensprozess zu bekommen. Der Chef der Palästinenser setzt innenpolitisch seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel, wenn er von seiner Forderung auf einen Siedlungsstopp abweicht. Gleichzeitig steht er unter massivem Druck der Amerikaner. Sollten die Palästinenser weiter direkte Verhandlungen ablehnen, so soll der US-Nahostgesandte George Mitchell gewarnt haben, werde es das Weiße Haus schwer damit haben, eine Wiederaufnahme des Siedlungsbaus zu unterbinden.
Im September läuft das israelische Moratorium aus, mit dem der Siedlungsbau im Westjordanland für zehn Monate auf Eis lag. Die Politikerin Hannan Aschrawi, Mitglied im PLO Zentralrat, sprach gegenüber der in London erscheinenden Tageszeitung Al Quds von einem drohenden Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Aufklärung Gaza-Flotille
Nach langem Hin und Her hat Israel zudem einer Kooperation mit dem UN-Ausschuss zu, der den tödlichen Zwischenfall Ende Mai vor der Küste Gazas untersuchen soll.
Das von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eingesetzte Team wird Mitte kommender Woche die Arbeit aufnehmen. Zwei Tage zuvor, am nächsten Sonntag, beginnt auch der zivile israelische Untersuchungsausschus mit den ersten Vernehmungen über die Hintergründe, die zu dem Tod von neun pro-palästinensischen Aktivisten führten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs