Israel nach der Wahl: Gantz darf ran
Nicht Netanjahu, sondern Benny Gantz ist mit der Regierungbildung beauftragt worden. Am Montag wird weiter über eine Einheitsregierung verhandelt.
In Israel hatte vor rund zwei Wochen die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres stattgefunden. Netanjahus rechtsgerichteter Likud ging daraus zwar als knapper Wahlsieger hervor. Zusammen mit seinen Verbündeten verfehlte der Likud aber die absolute Mehrheit von 61 Mandaten in der Knesset.
Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß bekam aber mehr Empfehlungen der im Parlament vertretenen Parteien für die Regierungsbildung. Eine Mehrheit von 61 der 120 Abgeordneten sprach sich für ihn aus. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass er eine Mehrheit hat, um eine Koalition zu schmieden.
Gantz ist bei der Regierungsbildung unter anderem auf die Vereinte Liste der arabischen Parteien und die laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman angewiesen. Dieser hatte eine Zusammenarbeit mit den arabischen Parteien in der Vergangenheit allerdings abgelehnt. Es ist daher fraglich, ob es Gantz gelingen wird, eine Koalition zu schmieden. Bereits nach den Wahlen im April und September waren die Koalitionsverhandlungen in Israel gescheitert.
Gespräche für Montag geplant
Rivlin scheint daher auch eine Übergangsregierung unter Beteiligung der Rivalen Gantz und Netanjahu ins Auge zu fassen. Er lud beide Politiker für Sonntagabend zu „einem dringenden Gespräch“ über die Bildung einer neuen Regierung ins Präsidialamt ein. Der Präsident betonte, es sei wichtig, die „direkten Kontakte“ zwischen dem Likud und Gantz' Blau-Weiß-Liste zu intensivieren.
Die Beratungen am Sonntagabend wurden allerdings ergebnislos beendet. Beide Parteien kündigten an, am Montag weitere Gespräche zu führen.
Netanjahu hatte mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie am Sonntag eine sechsmonatige Übergangsregierung unter seiner Führung vorgeschlagen. Gantz hatte eine Beteiligung an einer Regierung unter Netanjahu bislang aber abgelehnt. Er reagierte außerdem erbost darauf, dass sein Rivale das Angebot über die Medien verbreitete, anstatt zunächst das Gespräch mit ihm zu suchen.
Prozess verschoben
In Israel wurden nach Angaben der Behörden bislang 213 Coronavirus-Fälle verzeichnet. Zehntausende Menschen befinden sich in häuslicher Isolation. Als Reaktion auf die Pandemie ordnete die Regierung die Schließung von Restaurants, Cafés, Einkaufszentren sowie Hotels und Fitnessstudios an. Auch die Schulen und Kindergärten im Land bleiben vorerst geschlossen. Verboten sind außerdem Versammlungen mit mehr als zehn Teilnehmern.
Wegen der Corona-Krise wurde außerdem der für Dienstag geplante Beginn des Korruptionsprozesses gegen Netanjahu um gut zwei Monate verschoben. Der langjährige Regierungschef steht wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue unter Anklage. Er streitet alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ab und bezeichnet sich als Opfer einer „Hexenjagd“ durch die Staatsanwaltschaft und die Medien.
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