Israel auf der Klimakonferenz: Wüstenbildung und Wasserknappheit

Der Gaza-Krieg hat das Thema Erderhitzung in Israel in der Bedeutungslosigkeit verschwinden lassen. Dabei leidet das Land stark unter dem Klimawandel.

Ein Mann trägt ein Solarpanel vor einer zerstörten Moschee

Region in Aufruhr: Ein Mann trägt ein Solarpanel in Chan Yunis im Gaza-Streifen aus den Trümmern Foto: Yousef Masoud/AP/picture alliance

JERUSALEM taz | Im Juli hatte die israelische Regierung eine rund 1.000 Mitglieder starke Delegation zur Weltklimakonferenz angekündigt. Nach Dubai gereist sind im Schatten des Gaza-Kriegs nur knapp 30 Vertreter. Regierungschef Benjamin Netanjahu und viele Minister sind nicht dabei. Umweltschutzministerin Idit Silman hatte zum Auftakt betont: „Die Klimakrise verschwindet auch in diesen schwierigen Tagen nicht, in denen Israel auf dem Schlachtfeld kämpft.“ Doch in der israelischen Politik und Öffentlichkeit ist genau das der Fall, und das nicht erst seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober.

Wüstenbildung, Wasserknappheit und Hitzewellen sind an der Ostküste des Mittelmeers bereits heute ein großes Problem. Die Durchschnittstemperatur steigt in Israel doppelt so schnell wie im globalen Mittel. Die Winterregenfälle kommen später und fallen heftiger aus. Dennoch hat die israelische Regierung bisher wenig getan, um die Folgen abzufedern oder die globalen Anstrengungen für eine Reduzierung der CO2-Emissionen zu unterstützen.

Als eines der wenigen entwickelten Länder hat sich das Land bisher nicht per Gesetz verpflichtet, seine Treibhausgas­emissionen zu reduzieren. Ein Vorschlag der ehemaligen Umweltministerin, Tamar Zandberg, sah 2022 eine Reduzierung der Treibhausgase um 27 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2015 vor. Das deutsche Klimaschutzgesetz sieht dagegen 65 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 vor. Die EU hat sich in ihrem „Green Deal“ bereits im Jahr 2020 eine Reduzierung von 55 Prozent im selben Zeitraum vorgenommen. Laut einem Anfang Mai veröffentlichten Bericht wird Israel selbst hinter den beabsichtigten 27 Prozent deutlich zurückbleiben.

Der jüngste Vorschlag der amtierenden Ministerin geht kaum darüber hinaus. Sie wollte ursprünglich eine Senkung der Emissionen um 50 Prozent bis 2030 durchsetzen, reduzierte aber im September auf 30 Prozent. Bisher ist auch dieses ­Gesetz nicht verabschiedet. Das Umweltschutzministerium hat­te auf einen Impuls durch die Klimakonferenz gesetzt: Zu der Delegation sollten Forscher, Investoren, Unternehmer und mehr als einhundert israelische Firmen gehören. Zudem sollte die Klimakrise auch in Israel als nationale Bedrohung anerkannt werden, begleitet von Bildungsprogrammen und Anpassungsplänen.

Präsident Herzog sagt Rede ab

In Dubai und weltweit aber überschatten Streit und Protest wegen des Kriegs die Auseinandersetzung mit Klimafragen. Israels Präsident Jitzhak Herzog hatte am Freitag seine geplante Rede abgesagt und sich stattdessen mit Regierungschefs sowie dem UN-Generalsekretär abseits der Öffentlichkeit getroffen.

Das israelische Arava-Institut, das sich in der Wüste im Süden des Landes der Erforschung von Klimalösungen und den Möglichkeiten friedlichen Zusammenlebens widmet, hat dennoch eine Delegation entsandt. Anders als geplant jedoch ohne palästinensische und jordanische Partner. „Für viele Palästinenser ist es derzeit gefährlich, mit Israelis zu kooperieren, und auch Jordanien hat Kooperationen zumindest auf offi­ziel­ler Ebene beendet“, sagt Eliza Mayo, Vizedirektorin des Instituts. Andere Mitglieder der geplanten Delegation hätten aus Gaza anreisen sollen.

Mor Gilboa, der Direktor der Umweltschutzorganisation Zalul (Klar), hatte sich bereits vor dem Krieg gegen eine Teilnahme am Gipfel entschieden. Gilboa, der die israelische Kli­ma­bewegung mit aufgebaut und selbst mehrere Klimagipfel besucht oder vorbereitet hat, sagt mit Blick auf Dubai: „Die Delegation sollte Israel als Vorreiter in Sachen Klimaschutz erscheinen lassen, obwohl in vieler Hinsicht das Gegenteil der Fall ist. Daran wollten wir uns nicht beteiligen.“

Gilboa kritisiert, dass viele grundlegende Schritte von der Regierung nicht in Angriff genommen würden: „Israel könnte mit 300 Sonnentagen im Jahr ein Vorzeigeland für Solarenergie sein“, sagt Gilboa. Bisher würden aber lediglich 10 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Stattdessen hätten die Regierungen der letzten Jahre kontinuierlich die Ausweitung der Erdgasförderung im Mittelmeer sowie den Bau neuer Pipelines für Gas und Öl für den Export vorangetrieben.

Der Krieg habe zudem schon jetzt Folgen für die Klimakooperation in der Region, sagt Gilboa. Ein großes Projekt zum Austausch von jordanischem Solarstrom gegen Trinkwasser aus israelischen Entsalzungsanlagen ist fürs Erste von Jordanien gestoppt worden. Hoffnung gebe ihm angesichts dieser Lage, dass nach dem Ende des Kriegs die Möglichkeit für einen klimaresistenteren Wiederaufbau in der Region bestehe. Diesem Gedanken folgt auch das Arava-Institut und will auf der COP28 für einen „Marshall-Plan“ für Gaza werben.

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