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■ Israel: Die Gewerkschaften kämpfen um ihren verlorenen EinflußSchwankende Säule

Es geht ums Eingemachte. Der israelische Gewerkschaftsverband Histadrut kämpft um seine Macht. Der aktuelle Streik ist eine Demonstration der Stärke. Er soll der Regierung das Fürchten lehren und sie zu Zugeständnissen zwingen, vor allem bei den geplanten Privatisierungen und der weiteren Öffnung des Marktes. Der Streit um den Pensionsfonds bietet lediglich den willkommenen Anlaß. Die Absicht, einen unbegrenzten Generalstreik zu riskieren, zeigt die Dimension dieser Machtprobe. Und den Ernst der Lage, in der sich die Histadrut befindet.

Denn in den vergangenen zehn Jahren hat der Gewerkschaftsverband durch Privatisierung von Betrieben beständig an Mitgliedern und an Einfluß verloren. Nicht zuletzt durch Mißmanagement in den eigenen Reihen hat er viel öffentlichen Kredit eingebüßt. Die Histadrut steht deshalb heute auch in der Pflicht, die Rechte und Ansprüche ihrer Mitglieder mit brachialen Methoden zu verteidigen.

Traditionell war die Histadrut, neben der Armee und den beiden großen Parteien, die tragende Säule des „zionistischen Staates“. Als größter Arbeitgeber in Israel war sie aufs engste mit dem Establishment der über Jahrzehnte regierenden Arbeitspartei verbunden. Aus politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Gründen. Und ist es heute noch. Doch die monolithischen Säulen dieses Staates sind ins Wanken geraten. Die großen Parteien, Likud und Arbeitspartei, müssen immer deutlichere Wahlverluste zugunsten vieler kleinerer Parteien hinnehmen. Selbst die Armee hatte bis ins vergangene Jahr hinein Probleme, junge Rekruten zu motivieren und zu mobilisieren. Die israelische Gesellschaft wandelt sich – und dies ist auch an der Histadrut nicht vorübergegangen. Das Engagement für Gewerkschaften schwindet in Israel genauso wie in Europa.

Die konservative Regierung Netanjahus wittert jetzt eine Chance, die Macht der Histadrut zu brechen. Ihre Wirtschaftspolitik ist darauf ausgerichtet, sich dem „globalen Diktat des Marktes“ zu unterwerfen. Die Privatisierung von Betrieben und staatlichen Dienstleistungen steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Dies wird auch in Israel jede Menge Arbeitsplätze kosten. Aber mit der sozialistischen Ideologie von Histadrut und Arbeitspartei hatte sie ohnehin nie etwas am Hut. Der Streik, wie offensiv geführt auch immer, ist ein Abwehrkampf. Die Frage der Rentabilität, so scheint es, bezwingt am Ende auch die zionistische Idelogie – zumindest auf dem Wirtschaftssektor. Dafür zahlen muß die Histadrut. Georg Baltissen

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