Islamisten in Somalia: Befreiungskrieg für gesamte Region
UNO lehnt Forderung nach Entsendung von Blauhelmen in das umkämpfte Land ab. Somalias Islamisten erklären Befreiungskrieg für die gesamte Region im Al-Qaida-Rahmen.
ADDIS ABEBA/MOGADISCHU/BERLIN afp/rtr/taz | Afrika wünscht sich ein stärkeres internationales Eingreifen in Somalia. In der Schlusserklärung ihres Staatengipfels in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba fordert die Afrikanische Union (AU) den UN-Sicherheitsrat auf, über den von Islamisten kontrollierten Teil Somalias eine Flugverbotszone und eine Seeblockade zu verhängen, um den Zustrom ausländischer Kämpfer und Rüstungsgüter zu unterbinden.
Die AU begrüßte die UN-Sanktionen gegen Eritrea wegen Unterstützung der somalischen Rebellen und forderte eine "zügige" Benennung jener eritreischen Einzelpersonen, die mit personenbezogenen Sanktionen belegt werden sollen.
Dies ist ungewöhnlich, da Eritrea weiterhin AU-Mitglied ist. Aber die Lage in Somalia ließ den versammelten Staats- und Regierungschefs keine andere Wahl. Somalias anerkannte Regierung von Präsident Sharif Sheikh Ahmed kontrolliert nach wie vor nur Teile der Hauptstadt und verlässt sich zu ihrem Schutz auf eine AU-Truppe mit Soldaten aus Uganda und Burundi. Diese Soldaten wurden in ihrer Qualität als "Christen" pünktlich zum AU-Gipfel von Somalias größter islamistischer Rebellengruppe al-Shabaab zu Feinden erklärt, die man verjagen werde.
Aber beim AU-Gipfel lehnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Forderung nach Entsendung von UN-Blauhelmen nach Somalia ab. Afrikanische Kommentare vergleichen die internationale Untätigkeit gegenüber Somalia mit dem Aktionismus gegenüber dem nördlichen Nachbarn Jemen.
Die neue Erklärung von Somalias Islamisten stellte eine deutliche Eskalation ihres Krieges dar. Die rund 5.000 Mann starke al-Shabaab erklärte darin ihre Vereinigung mit der 500 bis 1.000 Mann starken südsomalischen Kamboni-Miliz und die Ausweitung ihres Kampfes. "Wir haben vereinbart, uns dem internationalen Dschihad von al-Qaida anzuschließen", hieß es.
"Wir haben auch vereinbart, die Freiheitskämpfer von al-Shabaab und Kamboni zu vereinen, um Bewohner Ostafrikas und des Horns von Afrika unter der Dominanz christlicher Minderheiten zu befreien." Kamboni ist eine Abspaltung der Gruppe Hizbul Islam, Somalias zweitgrößte, mit al-Shabaab verfeindete islamistische Rebellenarmee.
Die Veröffentlichung dieser Erklärung am Freitag fiel zusammen mit dem ersten Jahrestag der Amtseinführung des somalischen Präsidenten Sharif Sheikh Ahmed auf einem AU-Gipfel Anfang 2009. Pünktlich dazu erlebte Mogadischu seine schwersten Kämpfe seit vielen Monaten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete, der Januar sei mit 258 Toten der blutigste Monat in Somalia seit August 2009 gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen