Islamisten-Partei in Bangladesch: Ausgeschlossen von der Wahl
Das Oberste Gericht hat Jamaat-e-Islami vom kommenden Urnengang ausgeschlossen. Human Rights Watch kritisiert die Brutalität der Polizei gegen religiöse Parteigänger.
![](https://taz.de/picture/150090/14/bangladeshwahlverbot.jpg)
DHAKA/NEW DEHLI afp/dpa | Bangladeschs größte islamistische Partei darf zu den Wahlen im kommenden Jahr nicht antreten. Der Oberste Gerichtshof entschied am Donnerstag, dass die Partei Jamaat-e-Islami in ihren Statuten gegen die säkulare Verfassung verstoße. Die Registrierung zur Wahl sei damit illegal, sagte der Vorsitzende Richter Moazzem Hossain in der Hauptstadt Dhaka.
Seit Monaten kommt es in dem Land zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und den Anhänger von Jamat-e-Islami. Diese protestieren gegen die Verurteilung führender Parteifunktionäre in Kriegsverbrecherprozessen, die Gräueltaten während der Unabhängigkeitskriegs von 1971 aufarbeiten sollen.
Bangladeshs Wahlkommission teilte mit, dass Jamaat nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs keine Kandidaten aufstellen dürfe. Ein Kommissionsmitglied sagte: „Die Partei kann weiterhin andere politische Aktivitäten verfolgen.“ Falls Jamaat ihre Statuten ändere, könne sie sich auch erneut zu der für Januar kommenden Jahres angesetzten Wahl registrieren lassen.
Die Richter gaben in ihrem Urteil einem Antrag statt, der bereits im Januar 2009 eingereicht worden war und nach dem Jamaat nie als politische Partei hätte registriert werden dürfe.
Berufung angekündigt
Der Anwalt der Partei, Tajul Islam, kündigte an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen. Abdullah Taher, ein führender Vertreter von Jamaat, sagte: „Wir sind fassungslos. Die Entscheidung spiegelt den Willen der Regierung wider.“
Taher warf dem Gericht vor, sich dem Druck von Ministerpräsidentin Sheikh Hasinas säkularer Regierung gebeugt zu haben und kündigte Proteste an. „Das Urteil wird das Land weiter destabilisieren“, fügte er hinzu.
Der Urteilsspruch war während verschärfter Sicherheitsvorkehrungen vor dem Gerichtsgebäude verkündet worden. Vorerst blieben befürchtete Ausschreitungen allerdings aus.
Human Rights Watch kritisiert Polizei
Unterdessen hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schwere Vorwürfe gegen Bangladeschs Sicherheitskräfte erhoben. Bei den Protesten in den vergangenen Monaten sollen Polizisten, Grenzschützer und paramilitärische Kräfte zahlreiche Demonstranten und Zuschauer brutal zusammengeschlagen und in die Menge gefeuert haben.
150 Menschen seien gestorben, darunter auch Kinder, heißt es in einem am Donnerstag in New York veröffentlichten Bericht. Einige verhaftete Personen seien kaltblütig hingerichtet worden.
Seit Februar liefern sich die Islamisten in Bangladesch Straßenschlachten mit der Polizei. Ihre Proteste richten sich gegen Kriegsverbrecherprozesse, die Gräueltaten im Unabhängigkeitskrieg von 1971 aufarbeiten sollen. Angeklagt sind viele führende Mitglieder der islamistischen Partei Jamaat-e-Islami.
Im Mai belagerten Hunderttausende Mitglieder einer anderen islamischen Organisation, Hefazat-e-Islam, die Hauptstadt Dhaka, um die Einführung drastischer islamischer Gesetze zu erzwingen.
Der Asiendirektor von Human Rights Watch, Brad Adams, erklärte, die Regierung müsse dringend die Sicherheitskräfte zügeln, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Diese hätten nach den Protesten auch Zeugen eingeschüchtert und zahlreiche Menschen willkürlich festgenommen.
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