Irgendwie dazwischen

Die CDU bemüht sich auf ihrem Landesparteitag um Abgrenzung nach links und rechts. Auch offener Umgang mit der PDS und mehr Bekenntnis zur Nation werden gefordert

Geht es nach der Berliner CDU, braucht es eigentlich nur drei Dinge, um gegen Gewalt und Extremismus von rechts und von links gefeit zu sein: ein stärkeres nationales Selbstbewusstsein, mehr sportliche Angebote für die Jugend und verbindlichen Werteuntericht in den Schulen.

Das ist das Resümee einer Podiumsdiskussion auf dem CDU-Landesparteitag im ICC. Das Motto „Zukunft Mitte“ beschäftigte zuvor sowohl den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen als auch die Bundesvorsitzende Angela Merkel in ihren Reden. Beide wollten deutlich machen, dass nur die politische Mitte der gangbare Weg sein könne. Diepgen, der für seine Rede tosenden Beifall bekam, kreierte eine einfache Formel: Die CDU distanziere sich in gleicher Weise von Rechts- wie von Linksextremismus, sei weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind, sondern blicke nach vorn, in die Zukunft. Dazu gehört wohl auch ein entkrampfterer Umgang mit der PDS. Den forderte zumindest der ehemalige Bürgerrechtler und heutige CDU-Landesvize Günter Nooke.

Zum Thema Leitkultur gab es keine klaren Bekenntnisse: Diepgen sagte, er habe den Begriff nicht entwickelt. Er begrüße aber, dass jetzt endlich über Identität und Nation diskutiert werde. Angela Merkel, deren Rede wesentlich weniger emphatisch aufgenommen wurde, betonte, dass die CDU die Menschen immer in ihren Unterschiedlichkeiten ernst nehme, sprach das Thema Leitkultur aber nicht direkt an.

Wesentlich direkter ging es dann auf der anschließenden Podiumsdiskussion zur Sache: Der konservative Publizist und Historiker Arnulf Baring wetterte, dass die rechte Mitte durch die Kampagne gegen den Rechtsextremismus in den Hintergrund getreten sei. Es drohe keine rechte Gefahr, sondern Extremismus allgemein. Das könnten genauso gut Hakenkreuze wie Hammer und Sichel sein.

Martin-Michael Passauer, Generalsuperindentent der evangelischen Kirche, forderte verbindlichen Religionsunterricht an Schulen. Das sei ein probates Mittel, um nicht ins Extreme abzurutschen.

Dem pflichtete Diepgen bei. Bildung sei der Schlüssel zum Erfolg. Doch nur, wenn wieder ein bisschen mehr deutsche Geschichte gelehrt werde. Es dürfe „nicht nur ein Teil“ unterrichtet werden, sagte Diepgen und spielte damit auf die Zeit des Nationalsozialismus an.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Kai Wegner, fordertete, dass die Jungen endlich ein „gesundes Verhältnis zur Nation entwickeln“ müssten. Wenn zu viel über die „12 Jahre“ gelehrt werde, könne das auch Gegenreaktionen erzeugen.

Andreas Nachama, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, ließen die markigen Worte scheinbar unberührt. Die Gesellschaft stehe vor großen Herausforderungen, betonte er. Doch wenn man versuche, Kultur zu definieren, sei das so, als nagele man einen Pudding an die Wand. Kultur sei ein pluralistisches Gefüge von Werten, „Leitkultur“ sei nur ein Reizbergriff. Doch dann ließ auch er sich ein bisschen zum Patriotismus hinreißen: „Wir haben deutsche Grundwerte, und dazu sollten wir mit Stolz stehen.“ JULIA NAUMANN