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Iran vor den WahlenAhmadinedschad provoziert

Der Präsident legt sich regelmäßig mit Geistlichkeit an. Anlässlich des Neujahrsfestes würdigt er jetzt sogar die vorislamische Geschichte.

Ahmadinedschad bei einer Ansprache zum Neujahrsfest in Teheran. Bild: AP

BERLIN taz | Die Regierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat angekündigt, zur Feier des neuen iranischen Jahrs, der am Frühlingsanfang begonnen hat, an 2.500 historischen Stätten Feste zu veranstalten. Das ist die vorerst letzte Provokation des nun seit geraumer Zeit gegen die traditionelle schiitische Geistlichkeit aufmüpfig gewordenen Präsidenten.

Zwar ist das Neujahrsfest Nowruz das wichtigste Fest, das zu den Meilensteinen der altiranischen Kultur gehört und seit mehr als 3.000 Jahren gefeiert wird. Doch seit Gründung der Islamischen Republik 1979 versuchen die Islamisten mit allen Mitteln, die alte Geschichte des Landes auszublenden. Für sie beginnt die iranische Zeitrechnung mit dem Einzug der islamischen Eroberer im siebten Jahrhundert.

Dass Ahmadinedschad nun das neue Jahr mit so viel Aufwand wie nicht einmal zu Zeiten des Schahs feiern will, kommt einer Kriegserklärung an die traditionelle Geistlichkeit gleich und ist auch eine Anbiederung an die stark national orientierte iranische Mittelschicht.

Ein Großayatollah spricht vom Teufel

Noch provokativer wirkt die Ankündigung, wenn man weiß, dass sie bei zahlreichen Iranern die Erinnerung an die pompösen Feiern hervorruft, die 1971 vom Schah-Regime zum 2.500-jährigen Bestehen des Königreichs veranstaltet wurden.

Die Empörung über diese doppelte Provokation ließ nicht lange auf sich warten. Mehrere Großajatollahs griffen den Präsidenten öffentlich scharf an. Hier sei der Teufel am Werk, rief ein Geistlicher von der Kanzel.

Ahmadinedschad, der zunächst als treuer Diener des Revolutionsführers Ali Chamenei galt, ist seit seiner Wiederwahl 2009 abtrünnig geworden. Er schert sich weder um Parlamentsbeschlüsse noch um die Entscheidungen der Justiz, provoziert die Geistlichkeit und fällt immer offensichtlicher dem Revolutionsführer in den Rücken. Welches Staatsmodell er anstrebt, ist schwer erkennbar. Eine Islamische Republik ohne Geistlichkeit? Einen säkularen Staat? Fest steht nur: Er will die Macht.

Vorbild es Präsidenten ist Putin

Im Gegensatz zu Chamenei plädiert er für direkte Verhandlungen mit den USA. Auch im Atomkonflikt scheint er zu Konzessionen bereit zu sein.

Im Iran sind im Juni Präsidentschaftswahlen. Ahmadinedschad kann nach zweimaliger Amtszeit nicht wiedergewählt werden. Doch ihm schwebt das Modell des russischen Präsidenten Putin vor. Sein engster Berater, Rahim Maschai, soll das Ruder übernehmen und es ihm nach vier Jahren zurückgeben. Er weiß, dass er dieses Ziel nur erreichen kann, wenn er, konkurrierend mit den traditionellen Islamisten und den Reformern, eine dritte Kraft bildet.

Gering sind seine Chancen nicht. Unter den Armen in der Provinz, unter denen er immer wieder großzügig Almosen verteilt, hat er eine breite Basis. Und bei der städtischen Bevölkerung sind seine neu entdeckte Liebe zur alten iranischen Geschichte und Kultur, seine wiederholten Anweisungen an die Sittenpolizei, die Straßenkontrollen zu lockern und die Menschen in Ruhe zu lassen, und auch sein Einsatz für die Zulassung der Frauen zu den Fußballstadien, nicht ohne Wirkung geblieben.

Derselbe Präsident, der 2009 durch einen eklatanten Wahlbetrug wiedergewählt wurde, plädiert nun selbst für freie Wahlen. Sollte der Wächterrat, der für die Zulassung von Kandidaten zuständig ist, Maschais Kandidatur ablehnen, werde er die Durchführung der Wahlen verhindern, deutete er drohend an.

Die Fraktion, die von Ahmadinedschad geführt und von den Islamisten als „Abweichler“ bezeichnet wird, hat nun auch einen eigenen Slogan: „Es lebe der Frühling.“ Ein Schelm, der dabei an den Arabischen Frühling denkt.

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18 Kommentare

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  • S
    sam827

    @ Ant-iPod

    ich glaube auch ,dass viele Syrier eine würdevolle Zukunft in Demokratie und Freiheit wollen, oder zu mindest davon traeumen.

    ABER... was glaubst du mit Allawiten nach der "Revolution" passieren wird ?! "Alles wird in Ordnung sein"?!

    oder , mit Allem Djihadisten ,die die Ende der Welt vor den Augen sehen?! (das sind Viele)

    Syrien befindet sich in Teufelskreis und Moaz Al-Chatib , der nicht mal verhandeln will, ist ein Teil des Problems !

    Es macht kein grosses Unterschied mehr, ob Assad bleibt oder nicht . weil der Burgerkrieg leider bleibt!

  • A
    Ant-iPod

    @sam827:

     

    Ja, ich glaube, dass die Masse der Menschen in Syrien eine würdevolle Zukunft in Demokratie und Freiheit will.

     

    Ich bestreite nicht die fragwürdigen Absichten der Saudis und Kataris, ich bestreite auch nicht die Verbrechen einzelner Individuen auf Oppositionsseite. Fakt ist aber, dass es mit Baschar Al-Assad in Syrien keine Zukunft geben kann und niemals Würde für die Bürger gab.

     

    Es besteht durchaus die Gefahr, dass Syrien danach "nicht besser" wird, sondern auf gleichem, miserablen Niveau - aber mit der Opposition, mit Anführern wie Moaz Al-Chatib etc. gibt es zumindest die Chance auf Besserung und die Syrer haben diese Chance verdient.

    Sie sind keine schlechteren Menschen als wir alle - und die Masse sehnt sich nach Frieden, Freiheit und Wohlstand und nicht nach Vernichtung anderer Volks- oder Religionsgruppen.

    Das ändert sich auch nicht durch ein paar Verrückte, welche Hasstiraden in Kameras brüllen.

  • H
    Hans

    @Harald:

    Danke.

  • S
    sam827

    @ Ant-iPod

    glaubst es wirklich ,dass es in Syrien um Demokratie geht ?? glaubst du , dass die opposition will/wird Demokratie bringen, wenn die an der macht sind?(manche wolle es shon),dass Saudi-Arabia, Qatar und die Usa in Syrien Demokratie wollen?

    das ist ein Buergerkrieg wer gewinnt ,gewinnt Alles und wer verliert, verliert Alles . es geht hier um Macht, Leben, Tot, und Interessen der Eigenen.

    Persoenlich habe ich Simpathie nur fuer wenige Opposition Gruppen und auch ich will Saudi-Arabia ,Qatar und ihren Opposition nicht an der gewinner Seite sehen. Nicht weil ich den Asad gerne an der macht sehe, sondern weil die anderen genau so schlimm und korrupt sind.

    die USA wollen auch keine Demokratie , sie (Israel auch) wollen, dass die Situation so lange wie moeglish so bleibt.

  • H
    Harald

    Achmadine als Rudolf Heß im bukolischen Gottesacker iranischer Verhältnisse. Nicht schlecht.

     

    Und wie bei Heß stellt sich auch bei Achmadine die Frage: "Welches Staatsmodell er anstrebt, ist schwer erkennbar."

     

    Welch ein Rock'n'Roller da eigentlich in rauer Schale muckt, zeigen "seine wiederholten Anweisungen an die Sittenpolizei, die Straßenkontrollen zu lockern und die Menschen in Ruhe zu lassen,

     

    und auch sein Einsatz für die Zulassung der Frauen zu den Fußballstadien, (sind) nicht ohne Wirkung geblieben."

     

    Jetzt muss nur noch Israel weg und dem Weg ins Paradies sind keine Ungläubigen mehr abhold.

  • A
    Ant-iPod

    Komisch, wenn der Herr Nirumand eine Anspielung auf den "Arabischen Frühling" andeutet, aber nicht darauf eingeht, dass der Iran unter Ahmadinedschad gerade in Syrien dazu beiträgt, diesen Frühling zum Scheitern zu bringen... Wenn er ein Demokrat wäre... warum dann die Unterstützung Assad's?

     

    Es ist gut, auch einmal ein solche Einordnung zu lesen, aber wie Meryem Azime bereits dargestellt hat... man muss sich genau ansehen, was Fakten und was Meinung ist.

  • A
    Ant-iPod

    Komisch, wenn der Herr Nirumand eine Anspielung auf den "Arabischen Frühling" andeutet, aber nicht darauf eingeht, dass der Iran unter Ahmadinedschad gerade in Syrien dazu beiträgt, diesen Frühling zum Scheitern zu bringen... Wenn er ein Demokrat wäre... warum dann die Unterstützung Assad's?

     

    Es ist gut, auch einmal ein solche Einordnung zu lesen, aber wie Meryem Azime bereits dargestellt hat... man muss sich genau ansehen, was Fakten und was Meinung ist.

  • F
    fariborsm

    Ahmadinedschad provoziert, meine zweite Kommentierung

    ich freue mich für den Autor und endlich über die Revolution in Iran und in Folge derer Verjagung Seiner Majestät Schahinschah König der Könige Ariamehr das Licht der Arrier Perserkaiser der Letzte aus dem Iran. Denn sonst hätter der sehr respektabler und Ehgrwürdige autor keine Überlebenschancen in unserer Repoublik gehabt. Er wäre sonst der ewig unbekannte Assylant geblieben. Aber seit 1978/79 hört man wieder auf ihm, zahlt Tantimen und lässt ihm in TV Livesendung sein bestes und zweitbestes gegen den Mullahs dazu geben. Oder eben wie hier gegen Ahmadinadjads. Ich sage hiermit klipp uhnd klar und eindeutig: Kinder! Solche Männer braucht unser land. Haltet ihm am leben und entlohne ihm redlich. Für Nobel-Literatur-Preis reicht das was er herzugeben hat zwar nicht aber ein paar €s ist das alle mal Wert.

  • F
    fariborsm

    Ahmadinedschad provoziert

    Eine sehr gute, sehr wertvolle Info. Ich rege an, die Stimmberechtigten sollen ihre Stimme nicht ihm geben. Bei den demnächst in Mullahstaat anstehenden Präsidentswahlen. Ich denke mehr ist da nicht zu auszuholen. Man denke daran: Im Lande Mullahs herrscht Mullahdemokratie. Auch ein "Ehmaliger" kann seine Meinung äußern. Und es ist gut so. Denn sonst, ja sonst was hätten wir hier und heute auszuschlachten und uns damit von eigenen Problemen ablenken zu lassen? Ha? Etwa unsere Misere? Dass zB die EZB und die DB gemäß Medienberichten werden horrente Beträge Strafe zahlen müssen? Wegen geschäfte mit den Mullahs und paar lumpigen Millionen € erzieltem Gewinn? Wegen Sanktionen? Oder weil die Geschäfte zur beidseitigen Nutzen gewesen waren und nicht, wie bis 1978/79 gewohnt, zu unserem alleinigen Nutzen? Eher dies wird der Grund sein. So denke ich.

  • MA
    Meryem Azimi

    Leider muss man bei Bahman Nirumand immer sehr aussieben, was stichhaltige Information ist und was seine persönliche Meinung und Einschätzung, die nicht immer zutrifft, Das macht seine Beiträge oft unbrauchbar. So auch hier: vielleicht gibt es Geistliche, die lieber eine andere Zeitrechnung hätten. Das amtierende Staatsoberhaupt Chamenei macht dazu allerdings keine Anstalten und nutzt im Gegentel das Neujahrsfest jedes Jahr dazu, die Richtung für das kommenden Sonnenjahr vorzugeben.Aktuell: "das Jahr des politischen und ökonomischen Kampfeinsatzes". Dann die ewige Behauptung einer angeblichen Wahlfäschung 2009, für die es schlicht keine stichhaltigen Beweise gibt. Nicht einmal die eigenen Wahlbeobachter der Verlierer haben damals Unstimmigkeiten festgestellt und selbst wenn es die behaupteten Fälschungen gegeben hätte, wäre Ahmadinejad immer noch wiedergewählt gewesen angesichts von 11 Millionen Stimmen Vorsprung ( detailliert wird hier erläutert: Die Inkohärenz der Fäschungsvorwürfe: http://irananders.de/analysen/news-analysen/article/iran-wahlen-die-inkohaerenz-der-faelschungsvorwuerfe-1.html). Was soll man also nun mit diesem Artikel anfangen? Man kann konstatieren, dass es in Iran eine Meinungsvielfalt gibt, das ist doch erfreulich. Allerdings wird es Ahmadinejad nicht möglich sein "die Wahlen zu verhindern" wie es Herr Nirumand hier behauptet. Dazu hat er schlicht keine Befugnisse und Möglichkeiten. Ob also nun das "Putinsche Modell" für Iran von Ahmadinejad gewünscht ist, kann man anhand dieser Spekulationen hier nicht nachvollziehen.Vielleicht wird Ahmadinejads Beliebtheit seinem Wunschkandidaten Mashaie Rückenwind verschaffen, das wird man sehen. Wenn Bahman Nirumand hier allerdings das iranische Volk als so dumm darstellt, dass es sich von "Brot und Spielen", sprich ein paar Feierlichkeiten und "Geschenken" Ahmadinejads zu einer Wahlentscheidung bewegen lässt, dann spricht das nicht für sein Vertrauen in die Demokratie. Wenn unter der Ahmadinejad-Regierung die schon lange vor seiner Präsidentschaft geplanten Subventionsreformen, einhergehend mit Direktzahlungen an die Haushalte, umgesetzt wurden, dann hat er vielleicht politische Auseinandersetzungen gewonnen, aber keine Bonbons an die dümmliche Bevölkerung verteilt. Wie schon als Bürgermeister Teherans hat er in der praktischen Politik einiges bewirkt und auch sonst mehr Spuren hinterlassen, als es hier im Westen so ankommt, wo man ihn zum "Irren von Teheran" stilisiert. Also dieser Artikel hier hat keine Aussagekraft. Eine Betrachtung der möglichen Kandidaten für die iranischen Wahlen wäre interessanter gewesen.

  • X
    xarex

    Eines ist klar, Ahmadinedjad und seine Kabinett sind Technokraten und haben für die Industralisierung und Fortschritt Iran viel mehr als die korrupte Ayatollah getan, die Reichtümer des Landes in Taschen des Westens fliessen lassen. Deswegen ist er auch im Westen so unbeliebt.

  • G
    Gonzi

    Er hat auch Klaus Kleber alt aussehen lassen und bei CNNs Larry King blendend argumentiert.

     

    Nichts mit "Holocaustleugnung", sondern schlicht die Frage: Wenn Ihr die Juden umgebracht habt, warum habt Ihr dann nicht von eurem Land ihnen einen Staat gegeben.

     

    Ob das Schweigen als Antwort ein Zeichen von Intelligenz seiner Gesprächspartner war?

  • A
    arribert

    Man sollte nicht vergessen, der Mann ist im weiteren Sinne Naturwissenschaftler (Bauingenieur), seine Frau ist auch so irgendwas und zusätzlich noch irgendwas pädagogisches (auf wikipedia stehts genauer, wenn ich mich richtig erinnere) und seine Schwester ist in Teheran Kommunalpolitikerin.

    Vielleicht haben seine Kontakte zu Venezuela und der lächerliche Angriff auf seine Person, weil die Mutter von Chavez sich an seiner Schulter ausweinte, ja etwas bewirkt.

  • T
    tim

    Ahmadinedschad wird jetzt nur als Alternative aufgebaut, dass sich im Iran nicht wirklich etwas ändert.

  • HD
    Hochkultur der Menschheit

    Die Perser hatten eine fantastische Kultur lange vor dem Islam. Der Islam und besonders der Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten hat ihnen Unglück gebracht. Ich wünschte den Persern, dass sie wieder zu ihre wirklich Wurzeln finden könnten.

  • Z
    Zarathustra

    Schwer zu beurteilen, der Mann. Den treuen Muslim habe ich ihm nie abgenommen. Den Drang zur Moderne ließ er schon eher durchscheinen. Mit dem Willen zu freien Wahlen lässt Ahmadinedschad allerdings den Korken knallen. Glaubwürdig erscheint er darin aber nicht, doch Chavez muss ihn schwer beeindruckt haben.

  • B
    Blum

    Ahmadinedschad und die TAZ - das könnte ja noch was werden.

    Wenn er nicht mehr Präsident ist, kann ihn die TAZ als Chefredakteur und Nahostexperten beschäftigen.

  • P
    pauli

    ich glaub ichles nicht richtig