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Iran sitzt auf dem Trockenen

Präsident Peseschkian spricht von Evakuierung Teherans angesichts extremer Dürre

Die aktuelle Wasserkrise im Iran erreicht dramatische Ausmaße. Mehrere Stauseen des Landes stehen laut einem Bericht der staatlichen Tageszeitung Ettelaat kurz vor dem kompletten Austrocknen. In der Hauptstadt Teheran sowie in den zentralen Provinzen ist das Wasserniveau vieler Stauseen demnach bereits auf das sogenannte tote Volumen gesunken – jenes Wasserreservoir, das nicht mehr nutzbar ist. Dementsprechend drohe dem Land schon bald der völlige Zusammenbruch der Grundwasserreserven und somit eine „verheerende Dürre“, so der Bericht. Das Land ist seit Langem von extremer Trockenheit betroffen, die aktuelle Wasserknappheit besteht aber seit 2021 und gilt damit als längste Krise seit Beginn der Aufzeichnungen.

Wie der iranische Energieminister mitteilte, wird in mehreren Teilen des Landes, darunter auch die 15-Millionen-Metropole Teheran, abends das Wasser abgestellt und erst am nächsten Morgen wieder aufgedreht. Die Bevölkerung solle Wasserbehälter und Pumpen nutzen, um die Versorgungslücken auszugleichen. In größeren Wohnkomplexen haben Behörden die Bewohner bereits dazu aufgefordert, Wasser in Badewannen und Behältern zu speichern.

Irans Präsident Massud Pe­sesch­kian warnte vor einer drastischen Rationierung der Wasserversorgung, sollte es bis zum kommenden Monat keinen Regen geben. Im Falle einer anhaltenden Trockenperiode erwäge er sogar eine Evakuierung der Hauptstadt Teheran. Beobachtern zufolge ist dies jedoch nur eine rhetorische Ankündigung ohne konkretes Umsetzungspotenzial. Die Verlegung der Hauptstadt würde Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, da sämtliche zentralen Behörden sowie die Arbeitsplätze der Mehrheit der Bevölkerung in Teheran liegen. Ein Umzug wäre daher für die meisten Teheraner kaum möglich. Zudem gelten rund drei Viertel der gesamten Landesfläche als extrem trocken.

Kritiker werfen dem Regime vor, in den vergangenen Jahren nationale Einnahmen in regionale Konflikte gesteckt zu haben, anstatt sie in die grundlegenden Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung – etwa in alternative Wasserversorgungssysteme – zu investieren. Zudem soll überdurchschnittlich viel Grundwasser für Landwirtschaft und militärische Projekte verwendet werden. Angesichts der anhaltenden Wasserkrise wird spekuliert, dass es im Land zu landesweiten Protesten und sozialen Unruhen kommen könnte. (taz, dpa)

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