: Iphigenie auf Trip
■ In der Textcollage Showdown Ifigenie lebt die Königs-tochter in wilder Ehe mit einem Koch in St. Georg
Sie ist keine Königstochter, sondern kommt aus großbürgerlichem Hause. Die elterliche Villa steht nicht im sonnigen Griechenland, sondern im nassen Harvestehude. Und das Schicksal hat sie nicht auf die einsame griechische Insel Tauris verschlagen, sondern in den belebten Hamburger Stadtteil St. Georg. Was machen Ute Rauwald (Regie) und Sarah Khan (Text) da bloß aus einem antiken Stoff? Goethe hat sich schon der heimwehkranken Königstochter in seinem Schauspiel Iphigenie auf Tauris angenommen und sich dabei von Euripides inspirieren lassen. Die beiden Hamburgerinnen machen nun aus Iphigenie eine junge Frau von heute und aus dem taurischen König Thoas einen Koch.
In wilder Ehe leben die zwei zusammen und betreiben ein Restaurant in St. Georg. Nur manchmal zieht es Ifigenie ans andere Ufer der Alster, nach Harvestehude in die leerstehende Villa der Eltern. Dort, in der stuckverzierten Heinrich-Heine-Villa von Hoffmann und Campe, findet ab 13. Februar der Showdown Ifigenie statt – als eine dreifach erzählte Geschichte der Trennung des Liebespaars. Bei Goethe sind die beiden nicht einmal zusammengekommen, in Ute Rauwalds und Sarah Khans Bearbeitung des antiken Stoffs gehen sie nach einem Abend voller Streit und Beziehungsstreß wieder auseinander. Eine „Abschieds- und Beziehungsgeschichte mit Goetheschen Wurzeln“ nennt die 34jährige Hamburger Regisseurin ihr Stück. Man müsse aber weder Goethe noch Euripides gelesen haben, um diese Textcollage aus antiker, klassischer und gegenwärtiger Sprache zu verstehen.
Es ist das erste Mal, daß Ute Rauwald, die für ihr Projekt Sechs häßliche Töchter den Nachwuchswettbewerb Regie der Wiener Festwochen gewonnen hat, mit einer Autorin zusammenarbeitet. Bekannt ist die Absolventin des Fachbereichs Schauspieltheater-Regie an der Universität Hamburg aber dafür, daß sie auf eine intensive Kooperation mit den Schauspielern Wert legt. Auch Sarah Khan schrieb den Akteuren spontan Dialoge auf den Leib.
Für ihren Textpart hat die 27jährige Autorin, deren Debüt GoGo-Girl im Juni erscheinen wird, kurze Szenen verfaßt, die auf der Bühne immer wieder neu zerschnitten und gesampelt wurden. Es sind comicartige und traumähnliche Sequenzen, die sich mit Alltagsgeschichten und Goetheschen Monologen zu einer Collage mischen. Ein ganzer Fragenkatalog wird aufgeworfen: Was heißt Zuhause? Was ist bürgerlich? Karin Liebe Premiere: Sa, 13. Februar, 20 Uhr, Heinrich-Heine-Villa, Harvestehuder Weg 41
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