Investoren gesucht: IT-Standort Dresden schwächelt

Im viel gerühmten "Silicon Saxony" sind tausende Arbeitsplätze gefährdet: Jetzt will Sachsen mit höheren Subventionen neue Investoren locken. Das verhindert die EU.

Das Carl Zeiss Innovation Center: Im Branchenverbund Silicon Saxony. Bild: dpa

Die Leuchttürme im Dresdner "Silicon Saxony", dem größten IT-Standort Europas, verlieren an Strahlkraft. Die verlustreiche Infineon-Tochter Quimonda will in Dresden 950 ihrer 3.000 Mitarbeiter aus der Speicherchipproduktion entlassen. In München sind weitere 500 Arbeitsplätze betroffen, in Nordamerika 1.500. Bei Infineon und AMD sind weitere 1.200 Dresdner Arbeitsplätze gefährdet. Der kleinere Intel-Konkurrent AMD konnte sich zwar soeben aus dem Emirat Abu Dhabi frische Millionen für notwendige technologische Innovationen besorgen. In der neu gegründeten gemeinsamen Foundry Company aber hält die staatliche Investitionsgesellschaft Advanced Technology Investment vom Golf nun eine Mehrheit von 55 Prozent.

Die IG Metall rechnet damit, dass Quimonda weiter Arbeitsplätze abbaut, und fordert staatliche Interventionen. Dem Sächsischen Landtag war die Krise, die unabhängig von der Weltfinanzkrise schon seit Jahresbeginn schwelt, schon eine Aktuelle Stunde wert, die aber vor allem der Selbstberuhigung galt. Jetzt entlassene Spezialisten könnten schnell in der boomenden Solarbranche Arbeit finden, lautete der Tenor. Redner der CDU-SPD-Koalition wiesen auf die 44.000 IT-Arbeitsplätze hin, die im Umfeld der Giganten inzwischen entstanden seien.

Eine vorsichtige Abkehr von der Leuchtturmpolitik der Neunzigerjahre wurde dabei deutlich. "Die kleinen Spezialisten im Umfeld bieten Stabilität", meinte etwa der CDU-Abgeordnete Horst Rasch. Die Ansiedlungen von Infineon und AMD am Dresdner Stadtrand waren Mitte der Neunzigerjahre noch begeistert gefeiert worden.

Von "Schönrednerei" spricht hingegen Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Dresdner Niederlassung des ifo-Wirtschaftsforschungsinstituts. Zwar sind anwendungsbezogene Mittelständler mit ihren Design-Produkten weniger von den so genannten Schweinezyklen der Prozessor- oder Speicher-Markenproduktion betroffen. Aber die zahlreichen Zulieferer seien selbstverständlich vom Wohlergehen der Großen abhängig, so Ragnitz.

Einen Ausweg sehen Koalition und das Sächsische Wirtschaftsministerium unverändert im Subventionswettlauf, der aber für Sachsen immer aussichtsloser wird. CDU und SPD verlangen eine Abschaffung des durch die EU limitierten Höchstsatzes von 28 Prozent für die staatliche Investitionsförderung.

Argumentiert wird unter anderem mit der Niederlage Sachsens gegen den US-Bundesstaat New York im Wettbewerb um eine neue AMD-Fabrik, bei dem es um immerhin 1.400 Arbeitsplätze ging. Das ifo-Institut hat dazu bereits im April ein ambivalentes Gutachten erstellt. Einerseits sei ein Subventionswettlauf innerhalb der EU abzulehnen, so ifo-Experte Ragnitz, weil der Staat so durch Investoren immer erpressbarer werde.

Andererseits wären "Subventionsgrenzen im globalen Wettbewerb nicht gerechtfertigt". Es sei eine politische Ermessensentscheidung, ob man weltweit konkurrenzfähige High-Tech-Branchen in Europa haben wolle und dafür einen entsprechenden Preis zu zahlen bereit sei.

Undurchsichtig bleibt die Absicht, die der staatliche Investor aus Abu Dhabi mit seinem Einkauf bei AMD verfolgt. Denn in Abu Dhabi wird parallel ein zweites "Silicon Saxony" entstehen - was möglicherweise einer Produktionsverlagerung gleichkommt. Und Al Mokarrab, Chef des Investors aus Abu Dhabi, erwartet mindestens 10 Prozent Umsatzrendite pro Jahr. Dresden habe zwar Zeit, aber keinen Freifahrtschein gewonnen, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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