Investmentpunker Hörhan über Occupy: "Shoppen, chillen, Schulden machen"
Jugendliche in Deutschland seien angepasst und ziellos, die Occupy-Proteste unnütz, klagt der Buchautor Gerald Hörhan. Er schlägt vor: Wirtschaftskurse statt Maul aufreißen.
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taz: Herr Hörhan, Sie haben ein Buch geschrieben, in dem Sie pauschal junge Leute beschimpfen. Jetzt sagen Sie zur Occupy-Bewegung: Eure Demos bringen nichts. Was soll das?
Gerald Hörhan: Ich beschimpfe nicht. Ich kritisiere und provoziere mit Kalkül. Ich werfe der Jugend vor, dass sie sich anpasst statt zu revoltieren und selbst etwas Neues zu entwickeln. Statt wirtschaftliche Macht aufzubauen und damit politischen Einfluss zu gewinnen will sie shoppen, chillen und Schulden machen. Wenn ich bei einem Bewerbungsgespräch fordere, jemand soll pünktlich zur Arbeit kommen und etwas leisten, dann bekommt er schon allein davon fast ein Burnout und ist noch stolz drauf. Ich sage: Hört auf zu mosern. Packt euer Schicksal selber an!
An den letzten Wochenenden waren jeweils tausende zu Protesten auf den Straßen.
Die derzeitigen Proteste gegen das Finanzsystem sind sinnlos. Denn die, die da demonstrieren, sind selbst mit Schuld an der Krise, weil sie verlernt haben, selbst anzupacken. Wer nicht gestaltet, darf auch nicht meckern.
Sie sind ja originell: Auf der einen Seite fordern Sie "die Jugend" auf, sich nicht anzupassen. Zum anderen kritisieren Sie die aktuellen Proteste gegen das Bankensystem als "Zirkusveranstaltung" und "sinnlos". Was denn nun?
Das Problem ist, dass die Demonstrationen nichts bringen, weil sie keine Ziele haben. Deshalb haben auch die Proteste in Spanien rein gar nichts gebracht. Ich gebe dagegen eine klare Anleitung, was wie zu tun ist. Wer wirtschaftliche Macht aufbauen will, muss Grundbegriffe der Wirtschaft kennen. Es ist gar nicht so schwer, die zu lernen, und es bringt was.
Nur weil Sie sich wie ein Punk verkleiden und als "Investmentpunker" bezeichnen, werden ihre pauschalen Thesen nicht origineller.
Ich verkleide mich weder als Punk, noch bezeichne ich mich als „Investmentpunker“. Vielmehr hieß mein erstes Buch „Investment Punk“, vielleicht verwechseln Sie da etwas. Ich stehe auf Punk-Musik, gehe gerne zu Rock- und Punk-Festivals und trage gerne die entsprechenden Klamotten. Ich lebe frei und selbstbestimmt, und dazu möchte ich auch die Jugend ermutigen, auch, indem ich sie provoziere. Die jungen Menschen müssen wissen, was sie wollen. Das schaffen ältere Generationen besser. In der älteren Generation gibt es mächtige Stimmen, die 'Nein' sagen, wenn man ihnen etwas wegnehmen will. Die Jugend sagt nicht mächtig genug 'Nein'.
Deshalb soll sie die Klappe halten, während Leute wie Sie sich eine goldene Nase verdienen?
Ich habe der Jugend noch nie empfohlen, die Klappe zu halten, und würde das auch niemals tun. Ich sage bloß: Statt gegen ein System zu protestieren, das ihr gar nicht versteht, wäre es besser, es beherrschen zu lernen und für eigenen kreative Ziele zu benutzen. Mein Aufruf an die Jugend ist: Bildet euch wirtschaftlich, so dass ihr mitreden könnt.
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