Investigative Journalisten in Peru: Unter latenter Beobachtung
Die IDL-Reporteros schauen den Herrschenden auf die Finger. Die Online-Redaktion hat in den letzten Jahren mit ihren Reportagen in Peru für Schlagzeilen gesorgt.
„Die Recherchen von Milagros Salazar haben für ordentlich Wirbel gesorgt. Nicht nur hier in Peru, sondern auch in der New York Times, im El Mundo und der Le Monde landete der systematische Betrug bei den Fangquoten auf der Titelseite“, freut sich Gustavo Gorriti.
Der 64-jährige ist Redaktionsleiter von IDL-Reporteros und nicht nur in Peru als journalistische Spürnase bekannt. So manchen Skandal hat der Mann, den Ex-Präsident Alberto Kenya Fujimori 1992 versuchte mundtot zu machen, aufgedeckt und seit drei Jahren leitet der 64-jährige nun eine kleine versierte Redaktion – IDL-Reporteros.
Die haben in den letzten Monaten mit ihren Recherchen mehrfach für Aufmerksamkeit gesorgt. So musste Vizepräsident Omar Chehade im November 2011 wegen Korruption zurücktreten und auch die Modalitäten der Vertragsabschlüsse des spanischen Telefongiganten Telefónica in Peru sorgten für Irritation.
Doch der Nachweis, dass in Peru seit Jahren systematisch mehr gefischt wird als die Fangquoten gestatten und sämtliche Kontrollen umgangen werden, hat landesweit für Empörung gesorgt. Kein Wunder, denn die Peruaner sind nicht nur weltweit zweitgrößte Fischereination, sondern fürchten auch um den Nachschub für ihr Nationalgericht.
630.000 Tonnen Fisch über Soll gefangen
Ceviche, in Limonensaft marinierter und mit Zwiebeln, Peperoni, Mais und Süßkartoffel servierter Edelfisch, steht in mindestens jedem zweiten Restaurant von Lima mittags auf der Speisekarte. Doch in den letzten Jahren ist es schwieriger und teurer geworden die nötigen Edelfische zu bekommen.
„Ein Grund, weshalb unsere detaillierte Analyse von mehr als zehntausend Fahrten von Fischtrawlern zwischen 2009 und dem Frühjahr 2011 so viel Aufsehen erzeugt hat“, erklärt Gorriti in seinem Büro in Lima. 630.000 Tonnen kleine Fische wie Anchovis und Makrele wurden demnach zu viel gefischt und fehlten in der Nahrungskette.
Für die großen Fangflotten ein attraktives Geschäft, denn sie verdienten 200 Millionen US-Dollar zusätzlich und steuerfrei, wie die IDL-Reporterin Milagros Salazar en detail nachweisen konnte. Eine Recherche mit Folgen, denn Anfang Mai trat die zuständige Vizeministerin Patricia Majluf nach gerade zwei Monaten im Amt zurück und Chile, Perus Nachbar und ebenfalls wichtige Fischereination, kritisierte die Manipulation der Quoten scharf.
Ein Erfolg des investigativen Journalismus, der jedoch ohne internationale Unterstützung nicht möglich wäre. „Unser Etat wird uns seit drei Jahren vom Open Society Institute (OSI) in London zur Verfügung gestellt. Ohne die würde es uns nicht geben“, erklärt Gorriti.
„Das effizienteste Mittel gegegn Korruption“
Der hat fast zehn Jahre an dem alternativen Konzept gearbeitet. „Unser wichtigstes Argument ist, dass der investigative Journalismus das effizienteste Mittel ist, um die Korruption zu bekämpfen. Nicht nur in Peru sondern weltweit.“De facto zahlt sich die Förderung der soliden Recherche also aus und das ist auch ein Grund, weshalb Jahr für Jahr mehr Redaktionen aus Lateinamerika beim in London ansässigen Institut vorstellig werden.
„Solide Recherche ist vielen Redaktionen schlicht zu teuer“, erklärt Gorriti. Der ist bei kritischen Blättern wie „Caretas“ oder „La República“ groß geworden, war aber auch in Mittelamerika im Einsatz. Für ihn ist ddas Internet die Alternative zu den klassischen Printmedien und in Peru gehört die Homepage der IDL-Reporteros zu den Bekannteren.
Dabei sorgt die Tatsache, dass die Redaktion beim Instituo de Defensa Legal, einer renommierten Menschenrechtsorganisation, Untermieter ist für zusätzliche redaktionelle Inspiration und auch für den einen oder anderen juristischen Tipp.
So soll es demnächst um die steigende Zahl von Bergbaukonflikten in Peru gehen. Doch das gibtGorriti nur ungern preis. Sehr wohl aber die Details zum journalistischen Konzept der IDL-Reporteros. Das Konept soll nämlich Schule machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!