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Interview"Wir wollen mehr Geld für Radwege"

Mehr Rad, weniger Auto: Der Straßenraum wird neu aufgeteilt, sagt der zuständige Referatsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

taz: Herr Kunst, endlich liegen Zahlen zur Zunahme des Fahrradverkehrs in Berlin vor. Zwischen 2004 und 2006 ist er um 18 Prozent gestiegen. Überrascht Sie das?

Friedemann Kunst: Sicher nicht. Wir haben ja viel dafür getan. Wir haben Stellplätze im Stadtgebiet und mehr Fahrradstreifen auf der Straße eingerichtet. Wir haben Lücken geschlossen im Hauptnetz der Fahrradwege, um Radfahren durchgängig möglich zu machen.

Ein Viertel aller Wege in der Innenstadt wird mittlerweile mit dem Rad erledigt. Wie steuern Sie diesen Radverkehrsfluss?

FRIEDEMANN KUNST, Abteilungsleiter Verkehr bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Wir berücksichtigen das bei Verkehrssicherheitsmaßnahmen, bei Straßenraumneuaufteilungen und bei der Neugestaltung von Kreuzungen.

Bisher war die Verkehrsplanung aber vor allem einseitig als Autoverkehrsplanung gedacht.

Seit 2003 gibt es in Berlin eine verkehrspolitische Strategie, die eindeutig sagt, gestärkt werden müssen die Verkehrsmittel des Umweltverbundes: öffentlicher Nahverkehr, Fahrrad und das Zu-Fuß-Gehen. Unsere Zielmarke: Bis 2010 wollen wir mindestens 15 Prozent Fahrradnutzung stadtweit.

Wenn heute aber bereits 25 Prozent der Wege in der Innenstadt mit dem Fahrrad unternommen werden, warum wird nicht eine Nord-Süd-Straßenverbindung, etwa die Friedrichstraße, und eine Ost-West-Route komplett für den Autoverkehr gesperrt und für Fahrradfahrer freigegeben?

Eine Stadt ist ein Netz von Verkehrswegen. Wenn Sie eine so wichtige Straße für Fahrräder reservieren, produzieren Sie Verlagerungsverkehr in die Nachbarstraßen.

Welche Strategien verfolgen Sie dann, um Autofahren weniger attraktiv zu machen?

Wir versuchen durch Parkraumbewirtschaftung klar zu machen: Öffentlicher Raum ist etwas wert, und wenn man darin sein Auto abstellen will, muss man dafür bezahlen. Wir teilen Straßenraum anders auf: weniger für Autos, mehr für Radverkehr. Wir brauchen eine andere Koexistenz der Verkehrsarten.

In der Friedrichstraße gibt es keine Koexistenz.

Da müssen sich die Radfahrer Ausweichmöglichkeiten suchen.

Warum nicht die Autofahrer?

Weil die Friedrichstraße eine Erschließungsfunktion hat für die Geschäfte.

Große Konkurrenz zwischen Fahrradfahrern und Autofahrern auf den Straßen ist für die Fahrradfahrer gefährlich. Was planen Sie, um die Fahrradfahrer stärker zu schützen?

Die schwersten Unfälle haben wir an Kreuzungen beim Rechtsabbiegen, wenn Pkws oder Lkws die Radfahrer auf den Trottoirfahrradwegen übersehen. Deshalb holen wir die Fahrradfahrer verstärkt an den Straßenrand zurück, damit man sie sieht.

Wie viel öffentliches Geld wird für den Autoverkehr verwandt? Wie viel für den Fahrradverkehr?

Etwa 280 Millionen Euro flossen 2006 in den Betrieb, Ausbau, Neubau und die Unterhaltung von Straßen in Berlin. Für den Fahrradverkehr waren es etwa 7 Millionen Euro. Wir versuchen allerdings das Gewicht zu verschieben. 2008 wird zusätzlich 1 Million Euro für die Sanierung vorhandener Radwege bereitgestellt. Wir hätten gern mehr.

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