Interview zur Krise in Bangkok: "Rothemden wollen sich versöhnen"
Jakrapob Penkair war 2008 stellvertretender Ministerpräsident der Thaksin-nahen Regierung Samak Sundaravej. Die Gewalt der Rothemden ist Selbstverteidigung, sagt er.
taz: Herr Penkair, in den letzten Monaten hatten die Rothemden gezeigt, dass sie in der Lage sind, friedlich zu demonstrieren. Warum jetzt die Eskalation?
Jakrapob Penkair: Thailändische Menschen sind von Natur aus ruhig und friedlich. Wir wollen Versöhnung. Also ist die Frage: Was war der Grund für die Gewaltausbrüche? Wie groß müssen der Ärger und das Gefühl der Ungerechtigkeit, der Unfairness sein, wie groß die Abneigung gegen diese falsche Demokratie, die verhasste Diktatur? Es sind die Aristokraten, die aufwachen müssen, um zu erkennen: Dies ist das neue Thailand, nicht das 17. Jahrhundert. Es wurde erst gewalttätig, als sie gezwungen wurden, sich selbst zu verteidigen - gegen Steine, gegen Schüsse. Mit anderen Worten: Es war ein Akt der Selbstverteidigung. Als sie in das Tagungshotel stürmten, wurde niemand verletzt - es sollte den Teilnehmern der Konferenz nur klar gemacht werden, dass die Regierung keine Legitimität hat und kriminell ist.
Thaksin Shinawatra wurde beim Putsch von 2006 vorgeworfen, er wolle die Monarchie abschaffen und er sei korrupt. Was halten Sie von diesen Vorwürfen?
Thaksin Shinawatra war immer loyal gegenüber der Monarchie während seiner Zeit als Premierminister und selbst danach. Seine Verurteilung wegen Korruption hat überhaupt nichts mit Korruption zu tun.
JAKRAPOB PENKAIR, 41, ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident in der Regierung von Samak Sundaravej im Jahr 2008.
Und seine Politik?
Thaksin hat schlafwandlerisch das Richtige getan. Er hat die Einführung einer allgemeinen Gesundheitsreform und Kleinkredite für die Landbevölkerung unterstützt. Er hat das Geld direkt an die Kommunen, an die Menschen gegeben, statt wie in der Vergangenheit durch die Kette von Behörden, die das Geld aufbrauchten, sodass am Ende beim einfachen Menschen nichts mehr ankam. Das hat ihm viele Feinde gemacht. Aber es hat ihm bei der Bevölkerung hohes Ansehen verschafft. Es hatte vor Thaksin schon über 1.600 Projekte zur Förderung der Landbevölkerung gegeben, aber nie hatte sich wirklich etwas verändert. Ich war selbst dabei, als der Coup stattgefunden hatte und ich ihm vorschlug, eine Regierung im Exil einzurichten. Damals hätten wir gute Chancen gehabt, von mehreren Regierungen anerkannt zu werden. Aber als jener berühmte Anruf aus Bangkok kam, lehnte er die Idee ab.
Glauben Sie, dass sie ihre Ziele nur mit Gewalt erreichen könnten?
Wir führen die Menschen nicht zur Gewalt. Wenn es denn sein muss, wird es passieren, aber wir werden es nicht beginnen.
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