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Interview zur Braun-Affäre"Der faulige Geruch dieser Geschäfte"

Justizsenator Michael Braun (CDU) ist als Senator nicht mehr tragbar, sagt Klaus Eschen, Notar und ehemaliger Berliner Verfassungsrichter. Im Rechtsausschuss wurden nicht die richtigen Fragen gestellt.

Interview von Plutonia Plarre

taz: Herr Eschen, ist der Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Michael Braun (CDU), noch tragbar?

Nein, das ist er nicht. Die Linie, die er eingeschlagen hat, bestärkt mich in dem Bild, dass Politiker immer erst dann Konsequenzen ziehen, wenn sie nicht mehr aus der Sackgasse herauskommen. Es wird weißgewaschen, solange es irgendwie geht.

Braun verteidigt sich damit, unwissentlich Geschäfte mit Schrottimmobilien beurkundet zu haben. Sie waren selbst lange Zeit Notar. Warum nehmen Sie Braun das nicht ab?

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein versierter Notar den etwas fauligen Geruch dieser Geschäfte nicht mitbekommen hat.

Worauf wollen Sie hinaus?

Das wichtigste Organ eines seriösen Notars ist seine Nase. Man riecht, wenn ein Geschäft faul ist - egal um was für eine Beurkundung es sich handelt. Wenn eine Oma mit zwei Enkeln kommt, um ihr Testament zu ändern, dann schickt man die Jungs auch raus und spricht mit der Frau allein. Das Problem bei der Anhörung von Braun im Rechtsausschuss war, dass wenig Kenntnisse vom notariellen Alltag vorherrschten. Ein seriöser Notar kann in seinen Akten den gesamten Geschehensablauf rekonstuieren. Man müsste Braun ganz andere Fragen stellen.

Klaus Eschen,

72, bis 1993 Anwalt und Notar in Berlin, bis 2003 Notar in Brandenburg. Der Mitbegründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs war von 1992 bis 2000 Verfassungsrichter.

Klären Sie uns auf.

Man müsste Braun fragen, wie die Beurkundungen im einzelnen vor sich gegangen sind. Wann hat er die Termine vereinbart? Zehn Minuten vorher? Eine Stunde vorher? Drei Tage voher, oder wann? Mit welcher Begründung wurden die Termine überhaupt außerhalb der Geschäftszeiten vereinbart? Es besteht ja der Verdacht, dass der Makler oder Investor von einer Überrumpelung des Käufers profitieren wollte. Mit der eiligen Beurkundung sollte verhindert werden, dass der Mandant die Sache überschläft und von der Fahne geht.

Und die weiteren Punkte?

Die Sachen wurden mit "Angebot" und getrennt davon mit "Annahme" beurkundet. Normalerweise wird ein Vertrag von beiden Parteien gleichzeitig geschlossen.

Was ist das Problem?

Wenn der Notar nur ein Kaufangebot des Käufers beurkundet, dann ist der Käufer gebunden, aber der Verkäufer kann sich noch überlegen, ob er nicht noch einen besseren Käufer findet.

Der laienhafte Käufer denkt: Es handelt sich ja nur um ein Kaufangebot?

Richtig. Er denkt, der eigentliche Vertrag ist noch nicht geschlossen, da kommt er im Zweifelwieder raus. Das stimmt aber nicht.

Was ist noch wichtig?

Man müsste Braun fragen, warum er seine Mandanten nicht ausführlicher belehrt hat. Wenn in dem Vertrag steht, "gekauft wie besichtigt", hätte ich mich als Notar beim Mandanten erkundigt, ob er die Wohnung besichtigt hat. Wie gesagt, als Notar entwickelt man eine Nase, ob der Mandant von dem jeweiligen Verkäufervertreter geimpft wurde, zu allen Fragen des Notars "ja und Amen" zu sagen. Das gilt auch für den Vertragsentwurf: Woher stammt er? Von wem hat ihn der Mandant bekommen? Geht aus den Nebenakten hervor, dass ihm der Vertrag 14 Tage vor Beurkundung vorlag?

Könnte sich Braun nicht in all diesen Punkten auf seine Schweigepflicht berufen?

Die bezieht sich nur auf den einzelnen Fall. Fragen, wie er die Urkundenentwürfe bekommen hat und wie die Termine vereinbart wurden, unterliegen nicht der Schweigepflicht. Diese Fragen sagen nichts über das Mandat aus, sondern über seine Praxis. Außerdem ist der Notar gegenüber dem Landgerichts-Präsident als Aufsichtsbehörde offenbarungspflichtig.

Wagen Sie eine Prognose: Wie geht die Affäre Braun aus?

Er wird sagen, dass er seiner Familie diese Hexenjagd nicht mehr zumuten kann. Dass er mit Rücksicht auf die CDU und Respekt für das Amt zurücktritt. CDU und SPD werden das akzeptieren und ihn ehren. Und dann ist die Sache erledigt.

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1 Kommentar

 / 
  • DG
    diese Geschäfte

    Preisdruck ist Qualitätsdruck. Als Ex-Verfasssungsrichter kann er von einer guten Pension leben und muss nicht auf der Straße um sein Überleben kämpfen wie Freiberufler und alle anderen ausser den 1% Establishment.

    Notare, Beamte usw. dürfen nicht frei sein sie müssen frei sein. Man darf nicht geheim wählen, man MUSS geheim wählen. Kredite und überteuerte Autos sollten also für solche Berufsgruppen (und auch Fahrschul-Prüfer, TÜV-Kontrolleure usw.) verboten sein und eine hohe Sparquote automatisch von der Bank nachgewiesen sein. Ansonsten muss er für 10% billiger Banker- oder Kommunal-Geschäfte beglaubigen oder sonstwas "billiges".

     

    Wer sind die Kreditgeber der Käufer ? Eine gute Bank müsste sich selbstverpflichten, das solche Deals nur im Haus zu normalen Öffnungszeiten erledigt werden. Aus einem Set fertiger öffentlicher Vertrags-Formulierungen. Dasselbe gilt für Makler und andere Innungen. Da kann man sehr schnell Sauberkeit schaffen weil die Transaktionen ja überwiegend so ähnlich sind wie Milchpackungen im Supermarkt.

     

    Ein guter Wirtschaftsminister würde festlegen, das die Zeit-Differenz maximal xx Tage sein darf. Wie viel % der Berlin-Immobilien gehören Chinesen und Italiener und Ausländern die nur kurz Einfliegen und sich ggf. nicht zeitgleich beim Notar treffen können ? Solche Termin-Versetzungen sind also nicht notwendig automatisch böse. Aber ein Minister der 24-monatige Telefon/DSL/...-Verträge für Liberal hält und bisher nichts gemacht hat woran sich mein kleines Gehirn erinnert, ist sicher der ultimative Wirtschafts-Beschleuniger durch Abschaffung allen Verbrechenstums und aller Miswirtschaft....

     

    Die Leute kaufen nicht ständig Immobilien. Von daher wäre die Frage, ob man erhöhte Schutzwürdigkeit und z.B. Videoaufzeichnung für Nicht-Vollkaufleute festlegen sollte. "Nein nein. Das Haus hat keine Holzmilben." und eine Woche später landet es bei RTL2-Schrott-Ruinen-Häuser in der Doku-Reihe.

    Unter echten Vollkaufleuten kann man Verträge schnell herunterlesen. Oder wenn man sich wirklich gemeinsam auf das Testament geeinigt hat.

    Davon abgesehen ist das 14 Tage ja kein Problem weil Braun ein PDF als Email kriegt und es per Einschreiben an die Vertragsparteien schicken kann. Hier gehts ja nicht um 14 Minuten und 2 Tage weniger machen den Kohl auch nicht fett.

    Aber Juristen wollen ja verdienen und dabei helfen glasklare Regeln nicht wirklich. Künast, Schröder, Obama, Westerwelle, Merz, Ströbele, Schily,... müssten dann ja vielleicht sogar sparen. Was sie in jahrelanger Regierungszeit perfekt gelernt haben...

     

    Wenn der Spiegel mal in 5-10 Jahren aufdeckt, das 50-90% der Immobilien sich nicht rentiert haben werden und vermutlich noch nie haben, kann die taz sich ja erinnert, das sie das selber heute schon hätte herausfinden können. Die dadurch verursachte Alters-Armut bezahlt nämlich jeder mit 50% UmsatzSteuer und Zwangsarbeit und giganto-Mieten und endlosen Wegen bis zur Arbeit mit.