Interview zum Nacktradeln auf der Fahrradsternfahrt: Nackedeis im Fahrradfieber
Wenn sich am Sonntag wieder Zehntausende zur jährlichen Fahrradsternfahrt treffen, werden auch einige Nackte in die Pedale treten. Warum, erklärt Johannes Kathol.
taz: Herr Kathol, Sie organisieren im Rahmen der Fahrradsternfahrt am Sonntag den "Berlin Naked Bike Ride", wobei nackt geradelt wird. Woher kommt die Idee?
Johannes Kathol: Wir versuchen schon seit Jahren den sogenannten "World Naked Bike Ride" (WNRB) auch in Berlin zu etablieren. Mit geringem Erfolg. Es gibt aber schon länger die Idee, den Bike Ride und die Fahrradsternfahrt zu verknüpfen, weil die Anliegen sich überschneiden.
Was sind diese Anliegen, wofür demonstrieren Sie?
Der WNBR demonstriert traditionell gegen die Abhängigkeit vom Erdöl und die Übermacht des Autoverkehrs. Die Fahrradsternfahrt hat die gleichen Ziele, nämlich für die Anerkennung des Fahrrades als vollwertiges Verkehrsmittel und für eine bessere Fahrradinfrastruktur zu kämpfen. Daher möchte ich an der Sternfahrt auch so teilnehmen, wie es mir in meiner Freizeit am liebsten ist, also ohne Kleidung.
Erwarten Sie Probleme mit der Polizei?
Wir erwarten mit der Polizei überhaupt keine Probleme. Ich persönlich habe bei naturistischen Aktivitäten noch nie Kontakt mit der Polizei gehabt. Nacktheit ist in Deutschland weder verboten noch ein Verbrechen. Es gibt kein Gesetz, das mir beim Fahrradfahren die Kleidung vorschreibt. Deshalb kann ich das bekleidungsoptional handhaben.
Ganz gemütlich klingt nackt Fahrrad fahren nicht. Welche Vorteile hat es?
Die Vorteile liegen darin, dass es einmal unheimlich viel Spaß macht, einmal mit weniger Kleidung unterwegs zu sein. Die Auswirkungen der Freikörperkultur bestehen aus einem Gefühl stärkerer Verbundenheit mit der Umwelt, den Mitmenschen und dem eigenen Körper. Zudem verspürt man ein größeres Freiheitsgefühl und macht die Erfahrung, dass es auch mit weniger geht. Wir haben ja hier in dieser Gesellschaft einen weit verbreiteten Bekleidungszwang, der so nicht unbedingt aufrechterhalten werden muss.
Gibt es auch Nachteile?
Ja, man muss sich natürlich auf die Wetterbedingungen einstellen. Da kann es zum Beispiel sein, dass es ein bisschen kälter ist. Oder es kann sein, dass es sehr warm ist. Wir werden am Sonntag 26 Grad und 10 Stunden Sonne haben - das heißt, man muss sich extrem gegen die Sonneneinstrahlung schützen. Auf der anderen Seite wollen wir auch Bodypainting betreiben und müssen jetzt schauen, wie wir das Bodypainting mit dem Sonnenschutz verbinden, indem wir vielleicht unsere Sonnencreme farbig anrühren.
Und wie viele Leute erwarten Sie?
Ich erwarte so gegen 100 Leute, die bekleidungsoptional dabei sind, also mehr oder weniger nackt. Alle können mitfahren, wie sie wollen. Niemand kann ihnen vorschreiben, was die an- oder ausziehen.
Wann und wo gehts los?
Es startet mit der Körpermalaktion 11 Uhr an der Kreuzung Kronprinzessinnenweg/Königstraße unweit des Bahnhofs Wannsee. Und etwa eine Stunde später werden wir uns zum Bahnhof Wannsee begeben, wo es gegen 12.20 Uhr in Richtung Großer Stern losgeht.
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