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Interview zu Tsunami-Frühwarnsystem"Japaner warten nicht auf Warnungen"

Projektkoordinator Daniel Acksel über das neue Tsunami-Frühwarnsystem und wie die Lage in Japan einzuschätzen ist. Japaner würden zudem anders als Indonesier reagieren.

Angehörige von Opfern des Tsunami im Jahr 2004. Nach dieser Katastrophe wurden Tsunami-Frühwarnsysteme im Indischen Ozean eingerichtet. Bild: dpa
Interview von Steffi Hentschke

taz: 2008 ging das von Ihnen mitentwickelte Tsunami-Frühwarnsystem in Betrieb. Nun passierte in Japan der Ernstfall – hat Ihr Warnsystem funktioniert?

Daniel Acksel: Zunächst: Was gerade in Japan passiert ist furchtbar dramatisch, Indonesien dagegen ist nur am Rande betreffen. Dennoch kann ich sagen: Für unser Gebiet hat sich das System bewährt. Obwohl der Pazifik nicht in unserem Fokus liegt, hat bereits 16 Minuten nach dem Beben das nationale Warnzentrum in Jakarta eine Warnmeldung für die Bereiche Papua und die Molukken herausgeben können.

Wie viel Zeit vergeht, bis die Bevölkerung informiert ist?

Normalerweise bleibt nicht viel Zeit: Wenn wir im direkt im Sundaygraben einen Erdbeben haben, bleiben maximal 40 Minuten Zeit, um die Bevölkerung zu warnen. Da das Erdbeben aber im Pazifik war, hatten wir mehrere Stunden Zeit.

Anders in Japan. Wie groß war dort das Zeitfenster und wie wurde gewarnt?

In Japan vergingen maximal 20 Minuten - bis dahin mussten die Leute weg von den Küsten. Ob und wie genau das vor Ort funktioniert hat, kann ich nicht sagen. Wir erreichen auch unsere Kollegen vor Ort nicht. Aber ich glaube, dass alles schnell ging: Die Japaner haben Erfahrungen mit Erdbeben und Tsunamis. Die Bevölkerung wird zudem intuitiv gespürt haben, dass man sich von der unmittelbaren Küste entfernen muss. Auch wenn es 100 Kilometer vor der Küste lag – dieses Beben war einfach zu groß. Die Japaner warten nicht auf offizielle Warnungen – anders als die Menschen in Indonesien. Deren natürlichen Instinkt müssen wir als Warnzentrum weiter fördern.

Daniel Acksel

(36) Diplom Geograf und Projektkoordinator Tsunami-Frühwarnsystem des GeoForschungsZentrum Potsdam GITEWS.

Welche Prognosen geben Sie für Indonesien ab?

Ich gehe nicht davon aus, dass es dort zu großen Schäden kommen wird. Dafür wird die Welle auch niedrig sein. Aktuell gehen wir von einer Höhe von einem Meter aus. Zudem wurden durch das Frühwarnsystem und den damit verbunden Maßnahmen gute Bedingungen geschaffen um die Bevölkerung zu schützen.

Was wird in den nächsten Tagen in Indonesien, aber auch in Japan passieren?

Im Warnzentrum Jakarta ist man relativ gelassen. Es hat alles gut funktioniert. Interessant wird es, wenn die Welle das Küstengebiet des Indischen Ozeans erreicht hat. Wie hoch war sie dort, haben die Vorrausrechnungen gestimmt und wirklich wichtige Frage welche Schäden gibt es? Das wird nun zu klären sein. Auch in Japan. Dort sind Beben und Tsunami eine riesengroße Katastrophe, das kann man sich jetzt noch gar nicht vorstellen. Und das, obwohl Japan gut vorbereitet ist. Ein solches Erdbeben lässt sich trotz gutem Frühwarnsystem nicht wegmachen.

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