Interview über Elterngeld: "Mehr Vätermonate sind nicht richtig"

Zwölf Monate Elternzeit reichen, sagt Wirtschaftsexperte Michael Hüther: Die von Familienministerin Schröder geplante Verlängerung gehe zu Lasten der Berufstätigkeit von Müttern und Vätern.

Wie beeinflusst Elternzeit die Berufstätigkeit? "Je länger die Auszeit, desto schwieriger wird der Wiedereinstieg in den Job." Bild: ap

taz: Herr Hüther, Finanzminister Wolfgang Schäuble will die Verlängerung des Elterngeldes von derzeit 14 Monaten auf 16 Monate aus Kostengründen nicht mittragen.

Michael Hüther: Ich habe die Verlängerung der Vätermonate immer sehr kritisch gesehen - auch damals schon, als wir ab 2006 im Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen des Familienministeriums über die Gestaltung des Elterngeldes diskutierten. Ich war bei der Frage der verlängerten Vätermonate nicht im Konsens mit anderen Experten, die sich stark für eine Ausweitung eingesetzt haben.

Die Verlängerung der Vätermonate ist im Koalitionsvertrag vereinbart.

Das ist richtig. Aber ob es der richtige Weg ist, ist damit nicht gesagt.

Was ist der richtige Weg?

12 Monate Elternzeit.

Viele Väter wollen gern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen.

Das können Väter auch mit der jetzigen Regelung schon. Mütter und Väter sollten untereinander aushandeln, wie sie die Elternzeit aufteilen. Die entscheidende Frage bei der Elternzeit ist doch, inwieweit eine Verlängerung die Berufstätigkeit von Müttern und Vätern beeinflusst: Je länger die Auszeit, desto schwieriger wird der Wiedereinstieg in den Job.

Die geplante Neuerung sieht aber auch ein verlängertes Teilelterngeld von insgesamt 28 Monaten vor. Damit wäre einem kompletten Ausstieg aus dem Job ja vorgebeugt.

Das Teilelterngeld ist nicht das Problem, weder finanziell noch arbeitsmarktpolitisch. Wichtig ist mir, dass die Zeit, in der Eltern keinen Bezug zu ihrem Arbeitsplatz haben, möglichst kurz gehalten wird.

Halten Sie das Elterngeld generell für eine gute Lösung?

Das Elterngeld ist eine wichtige Innovation, es würdigt die Leistung von Müttern und Vätern. Dafür ist es der richtige Weg weg vom Sozialtransfer hin zur Lohnersatzleistung. Und für Väter hat das Elterngeld offenbar eine große Signalwirkung: Sie kümmern sich stärker um ihren Nachwuchs als früher. Ich glaube auch, dass die Vätermonate als solche irgendwann an Bedeutung verlieren, weil sich Eltern in Zukunft in dem Sinne einigen, wie viele Monate jeder zu Hause bleibt.

Das Familienministerium hat angekündigt, eine Gegenfinanzierung zu prüfen, damit es die Verlängerung geben kann.

Ich halte eine Überprüfung des Kindergeldzuschlages für wichtiger als die Ausweitung der Vätermonate. Der Kindergeldzuschlag soll ja verhindern, dass Familien allein wegen Kindern in Hartz IV landen. Nun gibt es aber zahlreiche Fälle, bei denen beispielsweise ein Elternteil irgendwann mehr verdient und dadurch die Bemessungsgrenze für den Kindergeldzuschlag überschritten wird. Fällt dann der Kindergeldzuschlag vollständig weg, kann die Familie am Ende weniger Geld haben. Auf diese Weise wird ein Anreiz geschaffen, sich erst gar keinen besseren Job zu suchen. Dieses Problem sollte bereinigt werden.

Tritt Schwarz-Gelb hinter die familienpolitischen Fortschritte der großen Koalition zurück?

Es ist noch zu früh, das eindeutig zu beurteilen. Man sollte der neuen Familienministerin auch ein wenig Zeit lassen. Ursula von der Leyen, die letzte Familienministerin, hatte es da einfacher. Sie konnte vieles voranbringen, was es vorher noch nie gab, zum Beispiel das Elterngeld. Aber es stimmt schon: Momentan fehlt es an familienpolitischen Projekten. Und wenn man sich das wording anschaut, dann hat das schon einen anderen Sound. Chancengleichheit für Frauen und Männer, so wie das Ursula von der Leyen formuliert hat, klingt anders als Wahlfreiheit, so wie es jetzt heißt.

INTERVIEW: SIMONE SCHMOLLACK

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