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Interview mit Diplom-Volkswirt"Die Ökosteuer hilft"

Im Kampf gegen die Haushaltslöcher hilft nur eine Weiterentwicklung der Ökosteuer, meint der Diplom-Volkswirt Damian Ludewig.

Diplom-Volkswirt Ludewig: "Der Spritverbrauch ist nach Einführung der Ökosteuer erstmals gesunken in Deutschland." Bild: dpa
Interview von Hanna Gersmann

taz: Herr Ludewig, Sie meinen, im Kampf gegen die Riesenlöcher im Bundeshaushalt hilft nur eine neue Ökosteuer. Wie teuer soll Energie werden?

Damian Ludewig

Der 29-jährige Diplomvolkswirt ist Geschäftsführer des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.

Damian Ludewig: Finanzminister Peer Steinbrück könnte schon 34 Milliarden Euro im Jahr einnehmen, wenn er umweltschädliche Subventionen und Steuervergünstigungen streichen würde. Es geht nicht einfach um höhere Spritpreise, sondern um einen radikalen Umbau des Steuersystems.

Was heißt das genau?

Könnten Firmen ihre Dienstwagen nicht mehr komplett von der Steuer absetzen, kämen knapp vier Milliarden Euro im Jahr zusammen. Der Wegfall der Pendlerpauschale brächte rund fünf Milliarden Euro, die Besteuerung von Kernbrennstoffstäben 1,6 Milliarden Euro. Da gibt es viele Posten.

Und die Steuer für Heizöl, Sprit, Strom muss gar nicht steigen?

Doch, die Heizölsteuer könnte um 2 Cent pro Liter angehoben werden. Dann wären wir im EU-Vergleich immer noch im unteren Mittelfeld.

Sie wollen auch ärmere Haushalte belasten?

Jede Steuererhöhung ist erst mal eine Belastung. Die Alternative - Sozialausgaben kürzen - wäre aber noch ungerechter. Die Frage ist doch, ob ich Steuern mache, die sinnvolle Anreize geben. Und derzeit finanziert sich der Staat zu gut zwei Dritteln dadurch, dass er Arbeit belastet, die er doch eigentlich fördern will. Der Umwelt- und Energieverbrauch trägt zu weniger als zehn Prozent zur Abgabenlast bei.

Andere denken an eine höhere Mehrwert- oder Vermögensteuer.

Bei einer Mehrwertsteuer wird jedes Produkt, das man kauft, teurer. Sie können nicht ausweichen. Bei Umweltsteuern schon - indem Sie z. B. Energie sparen. So gibt es Anreize, Gebäude zu sanieren. Da profitieren dann Handwerksbetriebe statt Ölscheichs. Eine Vermögensteuer sollte aber ruhig dazukommen. Auch sozial ausgerichtete Steuern sind intelligente Steuern.

Wir haben schon eine Ökosteuer seit zehn Jahren - wie gut hat sie sich bisher ausgezahlt?

Die Ökosteuern auf Strom, Mineral- und Heizöl bringen im Jahr rund 20 Milliarden Euro ein. Die Lohnnebenkosten wären ohne sie 1,7 Prozent höher, denn das Geld geht überwiegend in die Rentenkasse. Zugleich ist der Spritverbrauch nach Einführung der Ökosteuer erstmals gesunken in Deutschland.

Warum redet heute kaum noch ein Politiker von ihr?

CDU und FDP wetterten früher mit der Bild und dem ADAC wider besseres Wissen, die Ökosteuer treibe die Wirtschaft und das Volk ins Verderben. Autofabriken und Jobs seien in Gefahr. Das bewahrheitet sich nicht - im Gegenteil: Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung wurden bis zu 250.000 neue Jobs geschaffen. Aber das Thema ist verbrannt.

Wie realistisch ist die Weiterentwicklung der Ökosteuer?

Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Vor der Wahl ist jede Steuererhöhung unrealistisch, nach der Wahl ist jede ziemlich realistisch.

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4 Kommentare

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  • T
    Tom

    @Häußner:

    Das klingt ja generell recht gut, aber warum sollte man nicht trotzdem auch für die Umwelt schlechtes Verhalten stärker besteuern? Mehreinnahmen + zusätzlichen Anreiß sich ökologischer zu verhalten ist doch doppelt gut. Wenn uns damit in der Zukunft auch noch Kosten erspart bleiben, weil Umweltschäden geringer ausfallen, ist das ja nochmals positiv.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Nicht Ökosteuer, sondern Ökoabgaben mit Ökobonus

     

    ------------------------------------------------

     

    Eine höhere Ökosteuer zum stopfen von Haushaltslöchern ist das so ziemlich Falscheste was man machen könnte.

     

    Der Staat darf mit Umweltgütern keine Haushaltssanierung betreiben!

     

    Wir entwickeln in unserer ordnungspolitischen Studie (Klimapolitik und Ernährungssicherheit, erscheint voraussichtlich im August 2009 im Universtitätsverlag Karlsruhe) ein Drei-Ebenen-Modell: Suffizienz - Effizienz - Äquivalenz.

     

    Die dritte Ebene (Äquivalenz) ist die Rückvergütung der Einnahmen aus Ökoabgaben (nicht aus Ökosteuern)als Ökobonus pro BürgerIn über die persönliche, lebenslange Steueridentifikationsnummer. Nur durch die Rückvergütung ist gewährleistet, dass die Kaufkraft erhalten bleibt, um die Investitionen in energiesparende Produkte und Verfahren im Wirtschaftskreislauf finanzieren zu können.

     

    Für die Sanierung des Staatshaushaltes ist eine höhere MwSt das tauglichste Instrument: sie hat die denkbar breiteste Bemessungsgrundlage, keiner kann sich ihr entziehen und sie lässt sich sozial staffeln, wie dies der ermäßigte Steuersatz auf Lebensmittel zeigt.

     

    Zur Entschuldung der öffentlichen Hand sollte die MwSt in den kommenden Jahren schrittweise auf EU-konforme 25% erhöht werden. Sie ist heute in Dänemark und Schwedne längst Realität. Das ergäbe in der Endstufe Mehreinnahmen von rund 48 Milliarden jährlich.

     

    Auch hier liese sich ein MwSt-Bonus denken, der pro BürgerIn rückvergütet werden könnten. Würde der Staat auf ein Drittel der Mehreinnahmen verzichten (= 16 Milliarden Euro) so wäre das ein MwSt-Bonus von 200 € jährlich pro BürgerIn (bei 80 Millionen Einwohnern): von Ackermann bis Zumwinckel und von Maier über Müller bis zu Schulze.

     

    Die MwSt mit MwSt-Bonus pro BürgerIn ist demokratisch und sozial - und die systematische Vorstufe für ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Beseitigung der Armut in Deutschland und der EU - ja sogar weltweit.

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (TH) - IEP

  • T
    Tom

    @Häußner:

    Das klingt ja generell recht gut, aber warum sollte man nicht trotzdem auch für die Umwelt schlechtes Verhalten stärker besteuern? Mehreinnahmen + zusätzlichen Anreiß sich ökologischer zu verhalten ist doch doppelt gut. Wenn uns damit in der Zukunft auch noch Kosten erspart bleiben, weil Umweltschäden geringer ausfallen, ist das ja nochmals positiv.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Nicht Ökosteuer, sondern Ökoabgaben mit Ökobonus

     

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    Eine höhere Ökosteuer zum stopfen von Haushaltslöchern ist das so ziemlich Falscheste was man machen könnte.

     

    Der Staat darf mit Umweltgütern keine Haushaltssanierung betreiben!

     

    Wir entwickeln in unserer ordnungspolitischen Studie (Klimapolitik und Ernährungssicherheit, erscheint voraussichtlich im August 2009 im Universtitätsverlag Karlsruhe) ein Drei-Ebenen-Modell: Suffizienz - Effizienz - Äquivalenz.

     

    Die dritte Ebene (Äquivalenz) ist die Rückvergütung der Einnahmen aus Ökoabgaben (nicht aus Ökosteuern)als Ökobonus pro BürgerIn über die persönliche, lebenslange Steueridentifikationsnummer. Nur durch die Rückvergütung ist gewährleistet, dass die Kaufkraft erhalten bleibt, um die Investitionen in energiesparende Produkte und Verfahren im Wirtschaftskreislauf finanzieren zu können.

     

    Für die Sanierung des Staatshaushaltes ist eine höhere MwSt das tauglichste Instrument: sie hat die denkbar breiteste Bemessungsgrundlage, keiner kann sich ihr entziehen und sie lässt sich sozial staffeln, wie dies der ermäßigte Steuersatz auf Lebensmittel zeigt.

     

    Zur Entschuldung der öffentlichen Hand sollte die MwSt in den kommenden Jahren schrittweise auf EU-konforme 25% erhöht werden. Sie ist heute in Dänemark und Schwedne längst Realität. Das ergäbe in der Endstufe Mehreinnahmen von rund 48 Milliarden jährlich.

     

    Auch hier liese sich ein MwSt-Bonus denken, der pro BürgerIn rückvergütet werden könnten. Würde der Staat auf ein Drittel der Mehreinnahmen verzichten (= 16 Milliarden Euro) so wäre das ein MwSt-Bonus von 200 € jährlich pro BürgerIn (bei 80 Millionen Einwohnern): von Ackermann bis Zumwinckel und von Maier über Müller bis zu Schulze.

     

    Die MwSt mit MwSt-Bonus pro BürgerIn ist demokratisch und sozial - und die systematische Vorstufe für ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Beseitigung der Armut in Deutschland und der EU - ja sogar weltweit.

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (TH) - IEP