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InternetpornografieChina verschärft Netzzensur

Die chinesischen Zensoren greifen gegen Internet-Pornos hart durch: Nach einer landesweiten Denunziationskampagne zur "Netzreinhaltung" kam es zu Tausenden von Festnahmen.

Pornos im Internet: Ein No-Go in China. Bild: dpa

China verschärft seine Netzzensur – und hat es künftig nicht mehr nur auf politisch unbequeme Meinungsäußerungen abgesehen, sondern verstärkt auch auf sexuelle Darstellungen im Internet. Die hält der Parteiapparat im Land für "die öffentliche Ordnung störend" und "moralisch verwerflich".

Insgesamt 5400 Festnahmen soll es laut Angaben der chinesischen Polizei im Jahr 2009 in diesem Zusammenhang gegeben haben. Das zuständige "Ministerium für öffentliche Sicherheit" hatte zuvor eine "Kampagne zur Reinhaltung des Netzes" gestartet, bei der Bürger entsprechende Web-Angebote melden konnten. Eine solche Denunziation brachte bis zu mehrere hundert Euro an "Kopfgeld" ein. "Lüsterne und pornografische Inhalte verschmutzen die Online-Umwelt", so die Beamten, die ihr Vorgehen auch mit Jugendschutz begründen. Das Netz müsse deshalb "scharf kontrolliert" werden, um nicht "die Gesundheit der Jugend" zu gefährden.

Die 5400 Festnahmen sind bei der Kampagne nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt 9000 Angebote mit sexuellen Darstellungen wurden entfernt, über 4000 Untersuchungen eingeleitet. Ministerium und Polizei kündigten an, das Vorgehen in diesem Jahr noch deutlich zu intensivieren. Täter werden empfindlich bestraft, Internet-Provider sollen ihre Filtertechnik verbessern.

Beobachter sehen in der Anti-Porno-Kampagne eine versteckte Begründung, die Netzzensur insgesamt auszuweiten. So werden soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook auch deshalb gesperrt, weil man dort angeblich sexuelle Inhalte finden kann. Manche Seite zur Übermittlung von Informationen oder Bildern wird ebenfalls mit dieser Begründung blockiert oder geschlossen. Auch Angebote mit nutzergenerierten Inhalten sind dadurch bedroht. Betroffen von all den Maßnahmen ist die größte Netzgemeinschaft der Welt: 360 Millionen Internet-User gibt es in China insgesamt.

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5 Kommentare

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  • C
    clauz

    Vieleicht gibt es ja in China so etwas wie eine Waffen bzw. Sicherheitsindustrie, mit Aktien ,

    die nur ein etwas expandieren möchte ?

  • V
    vantast

    Auch im Internet darf es keinen rechtsfreien Raum geben. Von China lernen, heißt Siegen lernen. Daß die chinesische Regierung sich nicht schämt, sie hat sicher Angst vor ihren Leuten.

  • A
    ARE

    Bis jetzt galt der empirisch belegte Schluss,

    dass ein politisches System dann unter geht,

    wenn es seine Bürger zu stark unterdrückt.

    Unsere Mauer fiel vor über 20 Jahren.

    Ich bin mir dem gegenüber nicht so sicher,

    ob die "chinesische Mauer" je fallen wird.

     

    Vielleicht wird China wieder Kämpfe um Macht,

    Mittel oder Gebiete erleben, wie seit Jahrtausenden

    in diesem Land dokumentiert. Vielleicht wird es die

    ein oder andere technische Revolution geben. Ich

    glaube jedoch nicht, dass sich das chinesische Volk

    in naher Zeit eine Demokratie nach unseren Maßen

    geben wird. Das alte China atmet und lebt zu sehr

    in den ehrgeizigen jungen Chinesen.

     

    Chinesische Verhältnisse bieten wenig verwertbare

    Rückschlüsse für das europäische Verhalten. Weder

    lässt es sich simpel von unserer Sicht aus beurteilen

    noch als (Gegen-) Vorlage verwenden.

     

    China erscheint mir einfach "anders"! Die Menschen

    dort sind anders als wir im Geschäfte machen, anders

    im privaten Leben, anders im Denken und Handeln und

    erst recht anders im Umgang mit öffentlichen und

    privaten Informationen. Das hat "Tradition", auch

    wenn das bei uns im ersten Moment nach "Zensur"

    aussieht.

  • E
    Edelweiß

    Von China lernen heißt Siegen lernen. Da werden Erinnerungen an unser Zensurrleicherungsgesetz wach und die nächste "Netzreinhaltungkampagne" wird gewiß nicht lange aus sich warten lassen.

  • P
    Paul.Pi

    In China nennt man es Zensur, in der BRD heißt das Jugendschutz.