Internet-Zeitung vor dem Aus.: Löcher in der Bilanz
Die Online-Tageszeitung „Altona.Info“ steht vor der Pleite. 2014 installiertes Abo-Modell brachte keine Rettung.
HAMBURG taz |Seit knapp einem Monat schon liegt Altona.Info auf Eis. „Stürmische Zeiten“ hatte die ausschließlich online erscheinende Tageszeitung am 8. Januar in eigener Sache getitelt – und angekündigt, das Angebot ab sofort auf Sparflamme zu schalten. In der Tat: Seitdem hat sich bei Altona.Info nichts getan, der letzte Beitrag ging am 12. Januar online. Der Artikel, der erklärt, warum das Angebot vorerst eingefroren werde, ist selbst allerdings durch eine Paywall abgeschirmt, also nur für Zahlende LeserInnen einsehbar.
Das Bezahl-Prinzip hatte Chefredakteur Christoph Zeuch im Sommer vergangenen Jahres eingeführt, nach „über fünf Jahren“, wie man online erklärte. Nur Nachrichten und kurze Beiträge waren fortan noch frei abrufbar. Um rechercheintensive Beiträge – Reportagen und Hintergrundberichte, aber auch Audio- und Videomaterial – einzusehen, musste ein Abo abgeschlossen werden: 9,90 Euro im Monat oder 69,90 Euro im Jahr.
Nach Zeuchs Angaben lief das Bezahlmodell auch gut an, stockte aber ebenso schnell wieder: Nach den ersten 100 abgeschlossenen Abos stellte sich eine Flaute ein. Die Bereitschaft, für Nachrichten im Internet zu zahlen, sei bekanntermaßen niedrig, sagt Zeuch. Zudem seien im Vorjahr zwei Anzeigenkunden weggebrochen – die Folge: ein fünfstelliges Loch in der Bilanz. „Dass die Leser-Abos das nicht auffangen können“, sagt der Chefredakteur, „war absehbar.“
Schuld an der Pleite ist seiner Meinung nach aber nicht die fehlende Zahlungsbereitschaft der Altona.Info-LeserInnen. Zeuch erklärt die Schwierigkeiten damit, dass „Ketten, die massive Klickpräsenz in der digitalen Welt zeigen, dem lokalen digitalen Markt die Anteile wegnehmen“. Hamburgs Finanzbehörde, schreibt er auf Altona.Info weiter, „befindet sich seit Jahren in Kooperation mit einem sehr großen Verlagsunternehmen“. Tatsächlich ist die Axel Springer AG Hauptanteilseigner des Online-Angebots hamburg.de, über das alle für die Öffentlichkeit bestimmten Infos über Behörden, Projekte und Kooperationen veröffentlicht werden.
„Das hat einen doppelten Effekt“, sagt Zeuch: Erstens falle die Stadt dadurch als Anzeigenkunde für Unternehmen wie das seine weg. Zweitens sei hamburg.de mit seinen exklusiven, teils offiziellen Inhalten im Wettbewerb um Anzeigen der größte Konkurrent.
Ein Senatssprecher bestätigt die Kooperation mit Springer, die er gar ein PPP-Projekt nennt: eine Public-private-Partnership, bei der die Öffentliche Hand einen Vertrag mit einem privaten Unternehmen eingeht. Seit dem Jahr 2013 hält Springer 61,9 Prozent an hamburg.de, die Stadt veröffentlicht dort exklusiv Verwaltungsinhalte.
Zeuch kündigt an, er wolle demnächst prüfen lassen, ob ein solches Modell nicht fehl am Platz sei. Die Zukunft von Altona.Info lässt er offen. Es könne entweder besser werden, sagt er – oder gar nicht weitergehen.
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