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■ Internationale Reaktionen auf die afghanischen TalibanWashingtons Bigotterie

Gegenüber den afghanischen Taliban übt sich das, was sich internationale Staatengemeinschaft nennt, in schöner Einmütigkeit. Von den USA über die EU- Kommission und Bundesaußenminister Kinkel bis zu den GUS-Staten – überall wird die frauenfeindliche Politik der Extremislamisten verurteilt, die Ende September in die afghanische Hauptstadt Kabul einrückten. Die EU-Kommission fordert gar internationalen Druck auf die neuen afghanischen Machthaber.

Doch wer soll den ausüben? Alle Nachbarstaaten sind mehr oder weniger Partei im innerafghanischen Gemetzel: Pakistan, Iran und Saudi-Arabien ringen um die Vorherrschaft in der Region, und Rußland will seine alte Einflußzone sichern, die heute GUS heißt. Die nördlichen Anrainer Usbekistan, Tadschikistan und das angeblich neutrale Turkmenistan befürchten, daß die Taliban an ihre Südgrenze rücken und islamische Gruppen in ihren Ländern dadurch Aufwind erhalten könnten. Alle liefetern Waffen und Munition an ihre jeweilige Lieblingsfraktion oder betrieben wenigstens einen schwunghaften Handel mit ihnen.

Blieben die USA und die EU. Doch der EU geht es in Afghanistan ähnlich wie im Nahost-Friedensprozeß, wo jetzt Troika-Chef Dick Spring, Irlands Außenminister, vermitteln wollte: Die EU hat auf die streitenden Parteien kaum Einfluß.

Doch auch die Neutralität der USA in diesem Konflikt ist zweifelhaft. Viele Exilafghanen glauben, nicht nur Pakistan stecke hinter den Taliban, sondern auch Washington oder zumindest die CIA. Dafür sprechen zwei Tatsachen. Erstens ist der Iran – neben Israel – Schwerpunkt der US-Nahostpolitik. Einfluß auf die Taliban könnte ihr zu einer Basis für verdeckte Operationen gegen die iranischen Mullahs verhelfen. Es wäre nicht das erste Mal, daß Washington das kleinere Übel fördert. Zweitens geht es um Wirtschaftsinteressen. US-Ölgesellschaften favorisieren seit längerem Pipelineprojekte aus der südlichen GUS über Afghanistan an den Indischen Ozean und werden dabei von Washington unterstützt. Die Abkommen über die erste Gasleitung Turkmenistan–Pakistan sind bereits im Kasten. Auch das richtet sich gegen den Iran, soll ihn im Mittelasiengeschäft ausbooten. Deshalb will auch das State Department erklärtermaßen seine Kontakte zu den Taliban aufrecht erhalten – trotz aller Frauenunterdrückung. Thomas Ruttig

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