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Integrativer Journalismus beim taz.lab„Wir sehen uns als Korrektiv“

Der Migrationsanteil in deutschen Redaktionen liegt gerade einmal bei drei Prozent. Die Journalistin Ferda Ataman gibt Medien Nachhilfe in Integration.

Mehr Integration für eine bessere Medienberichterstattung Bild: dpa
Daniel Bax
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax und Daniel Bax

taz.lab: Frau Ataman, ein Fünftel aller Menschen in Deutschland besitzt einen Migrationshintergrund - bei Journalisten aber höchstens drei Prozent. Woran liegt diese Diskrepanz?

Ferda Ataman: Zum einen ist Journalismus traditionell ein eher elitärer Beruf, für den man gute Kontakte benötigt, um den Einstieg zu finden und aufzusteigen. Das macht es nicht nur Migrantenkindern, sondern auch anderen Gruppen schwer. Für viele Migranten war der Beruf bisher aber auch keine Option, weil es kaum Vorbilder für sie gab.

Heute gibt es Fernsehmoderatoren wie Ingo Zamperoni oder Dunja Hayali. Hat sich da nicht einiges geändert?

Auf jeden Fall - vor allem vor den Kameras. Hinter den Kulissen, in den Redaktionen und den Führungsetagen, hat sich noch nicht so viel getan. Da stecken wir noch in den Kinderschuhen.

Wie wirkt sich das Ihrer Meinung nach auf die Berichterstattung der Medien aus?

Man stelle sich mal vor, eine Redaktion würde ausschließlich aus Männern bestehen oder aus über 50-Jährigen. Es ist völlig klar, dass da bestimmte Themen unter den Tisch fallen würden. So ist das mit Blick auf die Einwanderungsgesellschaft - bestimmte Themen und Perspektiven fehlen einfach.

Ferda Ataman

Jahrgang 1979, ist Journalistin und leitet seit 2012 den Mediendienst Integration.

Sie diskutiert auf dem taz.lab mit Daniel Bax, Mekonnen Mesghena, Micha Brumlik und Jan Feddersen über „Das Ende des weißen Mainstreams“.

Sie arbeiten beim „Mediendienst Integration“. Leisten Sie Entwicklungshilfe in Sachen interkultureller Kompetenz?

So würde ich das nicht nennen. Wir unterstützen Journalisten bei der Recherche und vermitteln Kontakte zu Wissenschaftlern. Wir sehen uns als Korrektiv, wenn bestimmte Mythen oder Fehler kursieren. Und wir wollen dazu beitragen, neue Perspektiven, Experten und Themen in eine Debatte zu speisen, die sich ziemlich festgefahren hat.

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10 Kommentare

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  • H
    HamburgerX

    Es gehört zur Meinungsfreiheit, mehr Risiken als Chancen zu sehen, auch auf anderen Feldern, wie Atomkraft, Wirtschaft usw.

     

    Holschuld: Von Holschuld ist genau dann zu sprechen, wenn auch tatsächlich geholt wurde. Aber weder ich noch die Deutschen haben diejenigen geholt, die hier in letzter Zeit einwandern.

     

    Insofern gilt ausschließlich eine Bringschuld. Alles andere unterläuft das Verantwortlichkeitprinzip für eigenes Handeln.

     

    Natürlich kann man das Bringen zusätzlich belohnen. Das finde ich wiederum sinnvoll, etwa bei der Zuverfügungstellung von Sprachkursen oder der Verknüpfung Spracherwerb - Sozialleistungen. Alles nach dem Motto: Wer sich anstrengt, kann etwas erreichen. Wer andere zwingen und sich bedienen lassen will, kann in die Röhre gucken.

  • A
    anke

    @HamburgerX:

    Von einer "Bringschuld" reden nur Leute, die sich vor den Risiken der Zuwanderung fürchten und alles ablehnen, was sie noch nicht kennen oder selber besitzen. Alle anderen sehen mindestens genau so viele Chancen, wie sie Gefahren sehen. Wer nicht ausschließlich das Gewesene konservieren, sondern zugleich auch gute Ansätze weiterentwickeln und Unerträgliches abstellen will, der müsste mindesens genau so oft von einer "Holschuld" der Gesellschaft sprechen. Tun Sie das?

     

    @Annelies:

    Wer (außer Ihnen) hat gejammert? Ferda Ataman nicht. "Bis ins hohe Alter stehenbleiben, gesellschaftlich unterentwickelt und altmodisch sein", ist eher eine Spezialität von Leuten, die sich "überfremdet" (i.S.v. vom Fremden überfordert) fühlen. Vielleicht, weil sie schon das vermeintlich Eigene nicht zur Zufriedenheit bewältigen. Soche Leute hassen jeden, der öffentlich erklärt: "Ich bin anders, und das ist auch gut so!" Lieber gar kein Korrektiv als eines, das einen womöglich zur Veränderung zwingt, sehe ich das richtig? Nun ja. Veränderungen kosten Kraft, und die hat halt nicht jeder. Wer noch nie selber ausgewandert ist (oder wurde) und nachher mit den Folgen klar kommen musste, der kann eigentlich gar nicht mitreden.

  • A
    Annelies

    Es ist überhaupt nicht "völlig klar", daß bei überwiegend 50jährigen oder älteren RedakteurInnen "bestimmte Themen und Perspektiven unter den Tisch fallen"!

  • A
    Annelies

    Wenn Ferda Ataman sich immer noch als "Migrantin" versteht, jammert, einklagt und auf "Sonderbehandlung" und "mehr Förderung" beharrt, wird sie auf immer und ewig "geförderte, sonderbehandelte Migrantin" bleiben - und auf dieser Geisteshaltung bis ins hohe Alter stehenbleiben, gesellschaftlich unterentwickelt und altmodisch sein.

     

    Sie fühlt und sieht sich der Gesellschaft, in der sie jetzt lebt, nicht zugehörig. Das ist aber ihre persönliche Entscheidung und liegt nicht in der Verantwortung ihres beruflichen Umfeldes in Berlin.

     

    Ein "Korrektiv"? Keineswegs! Was soll denn durch ihre festgefahrene Geisteshaltung und durch ihre eigensinnige Einteilung in "migrantische" und "nicht-migrantische" Kolleginnen und Kollegen "integriert" werden?

     

    Wenn sie dann einmal dauerhaft ihre journalistische Tätigkeit in London, Paris, Rom, New York, Brüssel, Stockholm, Sydney oder Toronto ausübt, wird sie dann dort, in diesen Städten, auch als "Migrantin" bezeichnet und vorgestellt bzw. erwartet sie dann, daß sie dort, in diesen Welten, auch als "Migrantin" wahrgenommen und hofiert wird?

  • H
    Hugi

    "Zum einen ist Journalismus traditionell ein eher elitärer Beruf.."

     

    Das kann man wohl sagen...;)

    Hier ein interessanter Text..einfach mal lesen und man wird wohl ebenfalls schnell erkennen, dass es Einigen um ganz andere Dinge geht als "guten Journalismus", und man sich sogar schon gegen "Piraten" zur Wehr setzen muss, denn es geht ja auch um so wichtige Dinge wie kostenlose Buffets und Rabatte;)

     

    http://suite101.de/article/der-freie-journalist-a52347#axzz2OOiPRmMR

     

    Nun ja, was ich eigentlich sagen wollte..seriösen Journalismus gibt es in Deutschen Medien doch kaum noch. Der heutige verbreitete Journalismus ist wohl eher nur noch eine gewöhnliche Dienstleistung.

    Oder ganz traurig, Mittel zur ideologischen Propaganda.

    Und was die Seriösität betrifft, da zeigt das Beispiel(da gerade Aktuell) Equal pay day, dass wider besseren Wissens ständig falsche Fakten verbeitet werden (23% Lohnunterschied).

     

    Und das Ansehen der Journalisten beruht wohl eher auf Einbildung.

    In Dänemark zB erachtet die Bevölkerung Journalisten nur als etwas vertrauenswürdiger als Autohändler und Politiker, und unglaubwürdiger als Makler!.

     

    http://www.ugebreveta4.dk/2012/201242/Tirsdag/ingen_tillid_til_politikere.aspx

     

    In Deutschland sieht es wohl kaum besser aus..

    Leider ist von der Vierten Gewalt nicht mehr viel übrig, und das sollte und allen Sorgen bereiten.

    Da spielt die Frage nach Migranten im Journalismus eine absolut untergeordnete Rolle, denn es geht mittlerweile um viel, viel mehr als um "Das Ende des weißen Mainstreams".

    Nur scheint es als ob die heutige gemainstreamte Medienlandschaft in Deutschland sich lieber mit sich selbst beschäftigt als um die wirklich großen Probleme..

    Scheint mir als drappiert da jemand die Gardinen in einem brennenden Haus..

  • W
    wegen

    Vielleicht ist den "Migranten" die Presse einfach nur zuwider.

  • A
    Anna

    Kann mich der Dame anschließen. Immerhin bezeichnen sich die meisten Journalisten als Links oder Grün. Auch dieses Ungleichgewicht muss durch eine Quote beglichen werden!

  • D
    Dietcoke

    "Heute gibt es Fernsehmoderatoren wie Ingo Zamperoni oder Dunja Hayali. Hat sich da nicht einiges geändert?"

     

    Ahh ja...und einen Cerno Yobatai und etwa Ranga Yogeshwar, beide wie viele andere Moderatoren (Milka Loff Fernandes, Dénes Törzs - alle nicht erst seit vorgestern auf dem Bildschirm, ich könnte weitermachen) schon lange im Geschäft, habe ich wohl dann geträumt...

     

    Das Bild, das hier aufgemacht wird, stößt sich wahrscheinlich nur an Einem: der Realität. Die taz selbst lebt es doch schon anders vor.

     

    Andere Frage: Was verbessert sich automatisch, wenn der Stand der Migrantenquote in Presseberufen dem der Bevölkerung entspricht?

  • H
    HamburgerX

    @Dideldidum:

     

    Integration ist eine Bringschuld der Zuwanderer, nicht derjenigen, die in ihrer Heimat leben. Die Brötchen bringt mir auch nicht der Bäcker persönlich vorbei.

     

    Also nicht die Medien müssen Nachhilfe bekommen, sondern wenn, dann der Teil der Zuwanderer, der unbedingt in die Medien will.

     

    Sehr gute Sprachkenntnisse, Bildung, eine gewisse kulturelle Anpassung, Benehmen, Engagement - und die Tür in den Journalismus steht jedem offen.

     

    Die Redaktion von migazin.de hat es z.B. geschafft, ihr ganz eigenes Projekt umzusetzen, ohne vorher bei anderen etwas einzufordern. Also, bitte als Erwachsener nicht in die Krankheit verfallen, immer andere für das eigene Schicksal verantwortlich zu machen.

  • D
    Dideldidum

    Deutsche Journalisten haben wohl offensichtlich ein Problem mit Kollegen die einen Migrationshintergrund haben wenn deren Anteil derart gering ist... Interessant das dazu keine Frage gestellt wurde....