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IntegrationUnbekannte Nachbarn

Mit einem Sommerfest will die Sehitlik-Moschee für Toleranz werben. Der erhoffte Zulauf bleibt jedoch aus.

Die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm feierte ihr erstes Sommerfest. Bild: dpa

Dichter Grillrauch steigt hinter der Mauer fast so hoch wie die Minarette. Mädchen hüpfen jauchzend mit glitzernden Schmetterlingen auf den Wangen und Hennahandschmuck in einer aufblasbaren Moschee. Durch die Menge dringen vereinzelt Fragmente des Poetry Slams hindurch.

Die türkisch-islamische Gemeinde der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm hat am Wochenende ihr erstes Sommerfest gefeiert. „Ein Solidaritätsfest mit politischem Charakter“, wie der Gemeindevorsitzende Ender Cetin betont. Nach Drohbriefen und islamfeindlichen Angriffen in den vergangenen Monaten will sich die Gemeinde stärker öffnen. „Es soll bewusst kein internes Fest sein“, sagt Manuel. Der 22-Jährige hilft als Freiwilliger und erklärt Besuchern, warum vor der Moschee die Schuhe ausgezogen werden. Vor einem Jahr habe er durch einen Tag der offenen Tür die Gemeinde kennengelernt, seitdem besucht er Kurse für Nichtmuslime. Drei Monate haben sie das Fest geplant: prominent moderiert vom Neuköllner Komiker Murat Topal und mit Reden von Lokalpolitikern. Der erhoffte Zulauf bleibt jedoch aus, die meisten Besucher sind Mitglieder der Gemeinde.

„Transparenz ist für den Islam von großer Bedeutung“, sagt die Neuköllnerin Anna. Ihr Bekannter Heiko meint: „Dennoch bleiben sie heute eher unter sich. Die Leute, die sie erreichen wollen, kommen nicht.“

Einige sind nur auf der Durchreise: Michael, Martin und Mathis sind auf dem Weg zum Tempelhofer Feld nur zufällig vorbeigekommen und holen sich rasch Köfte von einem der überladenen Buffettische. „Aber gleich geht’s auch wieder weiter.“

„Nach den Anschlägen finde ich es wichtig, Gesicht zu zeigen“, sagt Renate. Am Teestand fragt sie, ob es auch Filterkaffee mit Milch gibt. „Ich wohne nicht weit von hier“, erzählt sie und beißt in ein Stück Baklava. Vom Sommerfest habe sie in einem Stadtteilblättchen erfahren.

„Gleich beginnt die Führung“, übersetzt Alexandra für ihre chilenische Freundin, während sie vor den Stufen der Moschee warten. Die 22-Jährige studiert Islamwissenschaft und ist wegen einer Kommilitonin gekommen, die beim Poetry Slam teilnimmt. Mit ihrem Besuch war sie zuvor noch beim Afrika Festival auf dem Alexanderplatz. „Kultur-Hopping“ nennt sie das. In der Moschee setzt sich die buntgemischte Gruppe auf den Teppich. Es riecht dezent nach Füßen. „Erkennen Sie Gemeinsamkeiten zu anderen Gotteshäusern?“, beginnt Abbas seine Einführung in die Architektur der Moschee und den Islam. Der junge Muslim unterhält die Zuhörer mit Anekdoten und demonstriert Gemeinsamkeiten der Weltreligionen. Anschließend lädt er zum Nachmittagsgebet ein.

„Ich habe es selbst erlebt, dass für viele der Islam eine riesige Unbekannte ist“, erzählt Ron. Der 37-Jährige ist deutsch-jüdischer Herkunft und konvertierte vor einigen Jahren zum Islam. „Früher hatte ich Vorurteile und war von den bärtigen Männern in Moscheen abgeschreckt. Dann habe ich angefangen die Bibel, die Thora und den Koran zu lesen.“ Als Gemeindemitglied versucht Ron kulturelle Hürden abzubauen: „Viele Leute sehen die Minarette, aber trauen sich nicht hinein. Irgendwann habe ich ein Schild draußen rangemacht. Ganz vorsichtig kamen dann einige durch das Tor.“ Nicht genug, findet Ender Cetin. Zwar seien an den beiden Tagen rund 3.000 Gäste gekommen, schätzt er. Aber: „Von der Nachbarschaft habe ich mehr Besucher erwartet.“

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13 Kommentare

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  • NN
    Neuköllner Nachbar

    Geile Kommentare! So wirklich einladend ist die Moschee ja nun nicht mit der hohen Mauer... aber aus dem Text wird man auch nihct schlau. Anekdotenhaft und belanglos. Was ham wir jetzt gelernt? NIx! Taz.de ---> das neue spiegel online?

  • A
    aurorua

    Beim lesen dieser Kommentare wird eins klar, egal ob Jude, Christ oder Moslem, alle lassen sich seit Jahrhunderten immer wieder vor den gleichen Karren spannen. Während die herrschenden, die Reichen und Superreichen, sowie ihre Handlanger die Politiker ihr Süppchen zum persönlichen Vorteil kochen, wird in der breiten Masse Zwietracht gesät, manchmal bis hin zu Terrorismus und kriegerischen Auseinandersetzungen. Ist dann alles erst einmal vorbei hat wieder einmal nur die breite Masse der Juden, Christen und Moslems den Schaden und das Leid.

    Um Glauben nicht nur den christlichen (denn Juden, Christen und Moslems glauben ja an den gleichen Gott) besser zu verstehen, empfehle ich folgende Lektüre.

     

    Heinz-Werner Kubitza

    Der Jesuswahn

  • NS
    Nuff said

    Diese Leute halten mich und die meinen fuer UNREIN!

     

    Ich will nichts mehr mit denen zu tun haben.

     

    Die islamische kultur ist mir von allen Kulturen der Welt am unsympatischsten. nehmt's nicht persoenlich, Mohamedaner, einer muss nun mal am Ende der Liste sein und ihr koennt Euch ja mal anstrengen, den Abstand zum zweitletzten, den Kannibalen, einzuholen.

  • MK
    Michael Klein

    @Aha!

    Wie kommen Sie darauf, mir Hass zu unterstellen? Das würde ich jetzt aber genauer wissen! Also los, antworten Sie mal, aber das ein bisschen plötzlich!

  • EC
    El Commandante

    Hallo chris und Andi,

     

    die wohl einzig wahren Steinzeitler und Terroristen seid ja wohl ihr beide...und nein, so wie euch geht es wahrscheinlich nur euch, also Abmarsch zurück in euer Dorf und pssssssssst!

     

    Mit sozialistischem Gruß

     

    Der El Commandante

  • C
    chris

    Ich will mit dieser Steinzeitreligion nichts zu tun haben.

    So gehts es wahrscheinlich auch vielen anderen....

  • A
    Aha

    Michael Klein schrieb:

     

    "wenn Aktivisten der rechten Parteien wie Pro-Deutschland sie durch Beleidigungen und Provokationen sie durch den Dreck ziehn, dann ist es durchaus nachvollziehbar, dass einige Salafisten sich das nicht bieten lassen!"

     

    Hmmm ... dann ist für Sie sicher auch nachvollziehbar, wenn andere Gruppen auf "Beleidigungen und Provokationen" mit Gewalt reagieren.

     

    Oder macht Sie Ihr dumpfer Hass einfach nur noch blind??

  • DV
    Demokratur VS. Volk

    Immer wenn das Volk abstimmen kann, auch wenn nur mit den Füßen, dann kommt das Gegenteil dessen raus was man in 99% der Medien und in der Politik als demokratischen Willen der Bürger verkauft. Deswegen wird zu Multikulti, den türkischen Gastarbeitern oder beim Asylrecht nicht abgestimmt. Demokratie verhindern um seine Ideologie durchzusetzen ist in Deutschland ja nicht gerade neu. Die taz ist Teil dieser antidemokratischen Allianz.

  • F
    FupDeMugen

    Das war einfach schlechte Werbung. Ich wäre da sehr gerne hingegangen, habe aber leider erst jetzt von der Veranstaltung gehört, dabei halte ich mich viel in der Nähe des Columbiadamms auf. Wer in den umliegenden Kiezen keine Werbung macht darf sich auch nicht wundern wenn niemand kommt. Das "die Nachbarn" nicht da waren sollte nicht wundern... schließlich kann man ja schlecht Hasenheide und Tempelhofer Feld mit Plakaten zu kleistern. Wirklich viel Laufkundschaft haben in der Ecke doch eh nur die Kleinunternehmer in der Hasenheide. Naja egal, nächstes Jahr dann halt.

  • A
    Andi

    Die Frage ist berechtigt:

    Wieso kommen die Nachbarn nicht?

     

    Nur, Sie weichen aus.

    Sie stellen Forderungen an die Muslime.

    So wie es immer war und ist.

    Hier scheinen Sie sich auch nicht auf den Berricht konzentrieren zu wollen:

    Es ist die "türkisch islamische Gemeinde" und bis Dato habe ich nicht mitbekommen, dass aus diesem Klientel - oder aus der Community - stammenden etwas mit dem 9/11 zu tun hatten. Sie können mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

    Und, glauben tun wir immer das, was wir wollen und nicht das was uns andere vorschreiben.

    Wieso soll ich mich als Deutscher für einen Österreicher entschuldigen, der einen schwarzen Afrikaner umbringt. Sie sehen hier keine Parallelen? Wie Sie mögen.

    Haben Sie nach den NSU Morden Signale gesetzt?

    Haben Sie bis Dato irgendwo/irgendwann geschrieben/gesagt, dass Sie das Grundgesetz ohne wenn und aber akzeptieren?

     

    Wenn Sie den Grund des nichterscheinens der Nachbarn wissen wollten, dann hätten Sie nur fragen brauchen. Da Sie es nicht wissen wollen, sondern nur Bestimmen/Verlangen/Vorschreiben wollen bekommen Sie auch keine Hinweise.

     

    Also,

    machen Sie alles vor und dann verlangen Sie es von den anderen.

    Oder,

    einfach zu Hause bleiben und weiter Sarrazin lesen.

     

    Salve

  • M
    M.L

    Sehr schön geschriebener Artikel.

  • MK
    Michael Klein

    @Lincoln!

    Es hat Proteste von seiten zahlreicher Muslime gegen islamischen Terror gegeben! Nach dem Bombenattentat von London 2005 demonstrierten mehrere hunderttausende Muslime weltweit gegen islamischen Terror unter dem Slogan "TError - Nicht in unserem Namen! DAs Problem war nur, dass dies den Medien kaum eine Nachricht wert war, in den ZDF Nachrichten wurde überhaupt nicht darüber berichtet, in der TAgesschau und in den Tagesthemen nur unter ferner liefen!

    Die Proteste hat es also gegeben, nur wurden sie desinteressiert ignoriert!

    Wo wurden hier in Deutschland Nichtchristen von Muslimen ermordet? Der Mord an Marwa el Sherbini Anfang Juli 2009, was war damit??????? WAs ist mit den Morden an türkischen Migranten durch die NSU? Das Lincoln scheint für Sie ja nicht zu existieren!

     

    Die GEwalt der Salafisten will ich nicht entschuldigen, aber wenn Aktivisten der rechten Parteien wie Pro-Deutschland sie durch Beleidigungen und Provokationen sie durch den Dreck ziehn, dann ist es durchaus nachvollziehbar, dass einige Salafisten sich das nicht bieten lassen! Ob die Art ihrer Methoden richtig waren oder ob sie dadurch ihren Gegnern erst recht Nahrung für Hetzerrei gegeben haben, darüber sollte man durchaus diskutiern!

     

    Ich bin übrigens kein Moslem, sondern Christ! Da ich zufällig in Berlin wohne und mich oft in Bezirken wie Neukölln, Kreuzberg und Wedding aufhalte, kann ich nur sagen, dass ich dort noch nie von muslmischen Migranten dort angefallen und bedroht worden bin!

  • L
    Lincoln

    Hier darf man die Frage stellen, wieso kommen die "Nachbarn" nicht?

     

    Aus meiner Sicht gibt es eine sehr einfache Antwort:

    spätestens seit den Ausschreitungen in Bonn wird der Islam gleichgesetzt mit dem Salafismus. Es wurde ganz konkret versäumt sich von den Radikalen abzusetzen und das seit 9/11.

     

    Sorry, aber irgendwie kommt es nicht glaubhaft rüber, wenn man aufschreit, wenn einem Mitglied der Umma etwas geschieht, aber schweigt wenn Christen von Muslimen ermordet werden oder in Berlin muslimische Jugendliche gewalttätig Nichtmuslime angreifen oder wegen ihres Glaubens beleidigen!

     

    Wo sind die Lichterketten, die Schweigemärsche?

    All das wurde versäumt, es wurde versäumt ganz konkret ein Signal an die Mehrheitsgesellschaft zu senden:

    und zwar:

    WIR AKZEPTIEREN DAS GRUNDGESETZ OHNE WENN UND ABER!