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Integration auf dem ArbeitsmarktEs geht doch

Die Zahl der Einwanderer, die einen Job finden, hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark erhöht. Nur im öffentlichen Dienst hapert es.

64 Prozent aller Einwanderer gingen im Jahr 2010 einer Beschäftigung nach. Ob der Mann auf dem Bild ein Einwanderer ist, ist aber leider nicht bekannt. Bild: ap

BERLIN taz | Die Integration von Einwanderern in den Arbeitsmarkt schreitet voran – gerade in Deutschland. 64 Prozent aller Einwanderer gingen hier im Jahr 2010 einer Beschäftigung nach – im Jahr 2000 waren es erst 57 Prozent gewesen. Damit hat Deutschland kräftig aufgeholt und liegt nun nahe am Durchschnitt aller 34 Länder, die der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören.

Die Beschäftigungsquote von Zuwanderern liegt im OECD-Durchschnitt bei 65 Prozent – 2,6 Prozentpunkte unter der von Menschen ohne Migrationshintergrund. „In vielen Bereichen gelingt es OECD-Ländern heute besser als noch vor zehn Jahren, Zuwanderer zu integrieren“, schließt die Organisation daraus.

Die OECD ist für ihre Ländervergleichsstudien bekannt. Zum ersten Mal hat sie nun den Stand der Integration verglichen – von Kanada bis Israel, von Skandinavien bis Australien. Hierzu zog sie Daten aus 21 Bereichen heran – von Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit bis zu Wohn- und Einkommensverhältnissen. Dabei zeigt sich, dass die Integration in Deutschland besser ist als ihr Ruf.

So ist der Anteil von hochqualifizierten Zuwanderern in Deutschland stärker als in vielen anderen OECD-Mitgliedsstaaten gestiegen. 12 Prozent mehr Neuzuwanderer als vor zehn Jahren besitzen heute einen Hochschulabschluss. Es sind aber insgesamt noch zu wenige, um das Gesamtbild maßgeblich zu verändern.

Eigenschaft „arbeitswillig“

Denn nach wie vor ist hierzulande der Anteil der gering qualifizierten Migranten besonders hoch. 38 Prozent aller Menschen zwischen 15 und 64, die in Deutschland leben, aber im Ausland geboren wurden, besitzen nicht mehr als einen Pflichtschulabschluss.

Von den 15- bis 34-jährigen Nachkommen von Zuwanderern besaßen 13 Prozent im Jahr 2008 weder eine Beschäftigung, noch absolvierten sie eine Ausbildung – bei Kindern von Inländern lag dieser Anteil bei nur rund 9 Prozent. Aber selbst die gering qualifizierten Nachkommen von Einwanderern werden relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert, haben die Forscher fest gestellt. Niedrig qualifizierte Migranten gelten vielen Arbeitgebern als „arbeitswillig“, sagte der OECD-Integrationsfachmann Thomas Liebig, als er am Montag die Studie vorstellte. Das duale Ausbildungssystem trage seinen Teil dazu bei, dass die Bildungsabschlüsse vieler Einwandererkinder besser ausfielen, als die Pisa-Ergebnisse vermuten ließen.

Augenfällig ist aber, wie selten die Nachkommen von Einwanderern in Deutschland im öffentlichen Sektor landen. Im Jahr 2008 arbeiteten hierzulande fast 26 Prozent aller Beschäftigten zwischen 15 und 34 Jahren in der öffentlichen Verwaltung, an Schulen und in Behörden, in öffentlichen Krankenhäusern oder Sozialdiensten – bei Kindern von Zuwanderern waren es nur halb so viele (13,4 Prozent). Das ergibt einen Chancenkoeffizienten von 0,52. Eine so große Differenz gibt es sonst nur in Dänemark und Luxemburg.

In Einwanderungsländern wie Kanada und den USA, aber auch in Großbritannien oder Österreich liegt der Koeffizient bei fast 1,0. Das heißt: Immigrantenkinder haben die gleiche Chance wie Kinder von Inländern. In Israel sind sie sogar überproportional im öffentlichen Dienst vertreten.

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4 Kommentare

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  • D
    Detlev

    Das Bundesamt für Migration definiert auch Russlanddeutsche oder Deutsche aus Polen etc. als Migranten. Diese Gruppe(n) wurde(n) immer gesondert gefördert und dürften einen statistischen Effekt auf die Analyse der OECD haben. Menschen mit 'Migrationshintergrund' waren 2009 fast 20 Mio. Menschen. Eine so große Gruppe kann ein Land mit 80 Mio. Einwohnern natürlich nicht ausschließen, obwohl der Öffentliche Dienst offenbar es schafft, das Groß dieser Menschen nicht zu beschäftigen.

     

    Zwar gefällt mir die Analyse der OECD und die Beleuchtung hier bei der taz, ich würde aber gerne wissen, ob ein kurdischer oder iranischer politischer Flüchtling, der 2005 hier her kam, auch die Chance hat, seine Kinder und sich selbst hier vollständig in den Arbeitsmarkt zu integrieren?

  • WA
    WELCHE Ausländer

    WELCHE Ausländer? Wenn VW Rekordzahlen schreibt und Opel pleitegeht, dann sagt man auch nicht "Geht doch, Automobilindistrie bekommt Aufschwung". Im öffentlichem Dienst soll es jetzt also Quotenjobs für WELCHE Ausländer geben?

  • P
    PeterWolf

    Die höhere "Zwangserwerbsquote" ist natürlich auf Hartz IV zurückzuführen.

    (Könnte auch Schwarzarbeitsverhinderungsquote" genannt werden)

     

    Zur "erhöhten" Bildungsquote aktueller Einwanderer: Dreimal Null ist Null.

    Zwölf Prozent von sehr wenig ist auch nicht gerade viel.

     

    Der Anteil von Einwanderern im öffentlichen Dienst ist natürlich sehr niedrig, wenn die Bildungsquote niedrig, aber die Anforderungen hoch sind.

    Hoch meint natürlich bereits einen Schulabschluss und eine Berufsausbildung, was ohne Sprachkenntnisse schwierig ist.

     

    Zum Schluss: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

    Kann es sein, dass alle "gebildeten" Einwanderer-(Kinder) aus der Statistik rausgefallen sind, weil sie (auch) eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen?

    Die heißen nämlich nicht alle Onur, töten Menschen aus einer Laune heraus und verstecken sich in die Türkei.

    Sondern sind das genaue Gegenteil von dem!

     

    Ratlos!

  • R
    ralfidissimo

    Wie sieht es mit der Integration von Menschen mit Behinderungen auf dem 1. Arbeitsmarkt aus?

    Dieser Personenkreis findet in den Betrieben/Verwaltungen leider nur selten Platz. Soziales Engagement bzw Inklusion in dieser Hinsicht ist den meisten Unternehmen unbekannt. Fachkräfte einkaufen... Okay! Aber bitte auch an die WfbMler Denken!