berliner szenen: Innenperspektiven
Meine kleine taz
Das Anstrengende im Leben eines taz-Lohnempfängers ist oft nicht die Arbeit, sondern das Bedürfnis von Freunden, Feinden und Fremden, sich über die taz auszutauschen. Zu dieser kleinen, tapferen Zeitung hat jeder eine Meinung.
Wenn man sich so einem Gespräch verweigert, ist die taz-liebende oder -hassende Welt beleidigt. Als wäre es eine Art Grundrecht, über die taz etwas loswerden zu können. Ist es natürlich nicht. Andererseits ist es kein netter Zug, andere Menschen auflaufen zu lassen, vor allem wenn sie leidenschaftlich dabei sind.
Außerdem bleibt einem ein viel befremdlicheres Gefühl erspart, mit dem man als taz-Mitarbeiter oft genug konfrontiert wird: Mitleid. Wobei die perfide Suggestion, man wäre irgendwie bemitleidenswert, meist diffus und unausgesprochen bleibt. Wenn es wenigstens klar und deutlich um das wenige Geld ginge, das man verdient!
Da lobe ich mir doch die klaren Worte eines jungen Mannes türkischer Herkunft, der kürzlich als Sicherheitsbediensteter im Filmmuseum am Potsdamer Platz Dienst tat. Auch ich war dort mit der Mission, die taz werbetechnisch zu repräsentieren. Vor mir ein kleiner Stand mit Aufklebern, Zeitungen, Postkarten und Stiften. Ein paar Schritte entfernt besagter junger Mann, der schüchtern rüberlächelte. Irgendwann fasste er sich ein Herz. Er hätte noch nie von der taz gehört, ob wir einen ordentlichen Autoteil hätten? Ich verneinte und schickte ihn zu den Kollegen der Berliner Zeitung. Kurz darauf stand erwieder neben mir und zischte wie der Buchstabenverkäufer aus der „Sesamstraße“: „Ich kann dir ’nen anderen Job besorgen – bei der Deutschen Bank.“ Ich guckte leicht irritiert, und er legte nach: „Ich hab Kontakte auf allen Ebenen, ich kann dir da alle möglichen Jobs besorgen.“ Ich sagte: „Ach ja, im Moment bin ich gut beschäftigt. Wenn’s nicht mehr so ist, melde ich mich.“
STEFANIE GRIMM
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