Inklusion von Migranten: Zweiter Pass als Jubiläumsgabe
SPD, Grüne und Linke nehmen im Bundestag einen neuen Anlauf für die doppelte Staatsbürgerschaft. Migranten sollen sich nicht mehr für eine ihrer Nationalitäten entscheiden müssen.
BERLIN dapd | Auf Initiative der SPD-Fraktion wird der Bundestag in der kommenden Woche erneut über die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft abstimmen. Die SPD will erreichen, dass sich 18-Jährige mit ausländischen Eltern nicht mehr entscheiden müssen, ob sie die deutsche oder die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern haben wollen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht.
Seit dem Jahr 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil ein Daueraufenthaltsrecht besitzt und seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt. Seitdem werden durch Geburt jährlich rund 40.000 Kinder ausländischer Eltern Deutsche und erhalten zugleich die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern.
Im Alter zwischen 18 und 23 Jahren müssen die Betroffenen allerdings zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern wählen. Diese "Optionspflicht" wurde im Jahr 2000 eingeführt - auf Druck der Union, die doppelte Staatsbürgerschaften um jeden Preis vermeiden wollte.
"Der Optionszwang geht an der Lebenswirklichkeit der jungen Menschen völlig vorbei", sagt nun die Integrationsbeauftragte der SPD-Fraktion, Aydan Özoguz. Auch Grüne und Linke sind dafür, das sogenannte Optionsmodell wieder abzuschaffen, das vor allem junge Deutschtürken trifft. "Sie sollen sich schizophren zwischen sich selber entscheiden", sagt Grünen-Chefin Claudia Roth dazu. "Wenn wir ernsthaft mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund einbürgern wollen, werden wir über die doppelte Staatsangehörigkeit neu nachdenken müssen", findet auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.
Schon im Mai hatten die Bundesländer Hamburg, Bremen und Baden-Württemberg, in denen die SPD an der Regierung ist, angekündigt, im Bundesrat eine Initiative für die doppelte Staatsbürgerschaft zu starten. "50 Jahre nach dem Anwerbeabkommen wäre das ein ganz starkes Signal an die seit Jahrzehnten hier lebenden Türkinnen und Türken", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Bild am Sonntag. Über ihren Gesetzentwurf will die SPD im Bundestag namentlich abstimmen lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Pressefreiheit unter Netanjahu
Israels Regierung boykottiert Zeitung „Haaretz“
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Twitter-Ersatz Bluesky
Toxic Positivity