piwik no script img

Informeller EnergieministerratEU-Biosprit-Ziel wankt

10 Prozent Biosprit im Treibstoff? Europas Energieminister sprechen sich gegen dieses Ziel der Kommission aus. Ihr Vorschlag: Elektro- und Wasserstoffautos wettbewerbsfähig machen.

Kündigt den Kurswechsel an: Frankreichs Energieminister Borloo (Mitte). Bild: dpa

PARIS dpa/afp Angesichts der Rekordpreise für Grundnahrungsmittel deutet sich ein Kurswechsel bei der umstrittenen Förderung von Biokraftstoffen in der Europäischen Union an. Bei einem informellen Treffen am Samstag in Paris sprachen sich die EU-Energieminister dafür aus, den Biosprit-Anteil am Treibstoffverbrauch nicht wie von der EU-Kommission vorgeschlagen auf 10 Prozent bis 2020 zu steigern. Dies teilte der französische Energieminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jean-Louis Borloo mit.

Die EU-Staaten reagieren damit erstmals auf wachsende Kritik, wonach Biosprit eine Mitschuld am deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise trägt. Das Biosprit-Ziel ist Teil des Klima- und Energiepakets, mit dem die EU ihren Treibhausgasausstoß bis 2020 um ein Fünftel senken will. Die EU-Kommission hatte im Januar ein verbindliches 10-Prozent-Ziel für Biotreibstoffe vorgeschlagen. Bisher liegt der Anteil von Biodiesel oder anderem Ökosprit in der EU bei unter 2 Prozent. Nach Borloos Angaben wollen die EU-Staaten das 10-Prozent-Ziel nun durch eine Vielfalt "erneuerbarer Energien" erreichen. Dafür müssten Elektro- oder Wasserstoffautos bis 2020 wettbewerbsfähig werden.

Zu den Klimazielen zählen auch eine 20-Prozent-Absenkung beim Ausstoß des Treibhausgases CO2 sowie die Erhöhung der Energieeffizienz um 20 Prozent. Es gebe Überlegungen, wie mehr Effizienz im Energieverbrauch rechtlich verpflichtend gemacht werden könne, sagte Borloo. "Das ist sehr schwierig zu bewerten."

Die Effizienzziele sollten genauso verpflichtend gemacht werden wie die europäischen Defizitregeln, sagte ein Sprecher von Energiekommissar Andris Piebalgs. Nach diesen droht einem Land, dessen Staatshaushalt eine Neuverschuldung von mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausweist, ein Strafverfahren der EU-Kommission. Energieeffizienz sei das beste Mittel, um die Auswirkungen der steigenden Ölpreise auf den Wohlstand der Bürger abzumildern, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhöhen und das Ziel der Energieversorgungssicherheit zu erreichen.

Die 27 Staats- und Regierungschefs hatten im März 2007 beschlossen, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix auf ein Fünftel zu erhöhen. Im Transportsektor soll er bei mindestens 10 Prozent liegen.

Im Dezember treffen sich in Poznan die Vertragsstaaten für das Nachfolgeabkommen des Kioto-Protokolls zur Senkung des Treibhausgasausstoßes. Dabei sollen die Weichen für den Verhandlungsendspurt im kommenden Jahr gestellt werden, bevor im Dezember 2009 in Kopenhagen das neue Abkommen geschlossen werden kann. Die EU will ihr Klimapaket auf den Tisch legen. Sie steht unter Zeitdruck, das Regelwerk unter Dach und Fach zu bringen, da ihm nicht nur die Mitglieder, sondern auch das EU-Parlament zustimmen müssen. Dieses wird im Juni 2009 neu gewählt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare