Informationsfreiheit in China: Apple zensiert sich selbst

Ist es vorauseilender Gehorsam oder weise Voraussicht? Der US-Elektronikhersteller Apple hat seine Nachrichten-App „News“ in China gesperrt.

Ein Mensch telefoniert mit einem iPhone und steht dabei vor einem roten, kommunistischen Propagandaplakat

China überwacht die Kommunikation seiner Bürger Foto: reuters

BERLIN taz | Das US-Unternehmen Apple hat Medienberichten zufolge offenbar seine Nachrichten-App „News“ in China abgeschaltet. Wie die “New York Times“ (NYT) unter Berufung auf „eigene Quellen, die mit der Situation vertraut seien“ berichtet, soll der im kalifornischen Cupertino beheimatete Elektronikhersteller den Zugriff für Nutzer aus dem chinesischen Netz eigenhändig gekappt haben. Dem Artikel zufolge habe man so der Zensur durch chinesische Behörden zuvor kommen wollen. Apple hat sich dazu noch nicht geäußert.

Anfang Oktober hatte der Start-up-Gründer Larry Salibra einen Screenshot seines Handys samt Bildunterschrift getwittert, in dem er feststellte: „Apple News schaltet sich ab, wenn man vom chinesischen Festland aus Online geht.“ Auf seinem Blog erklärte Salibra, er habe zwar einen US-Account bei Apple, arbeite aber regelmäßig in China. In Hongkong funktioniere die Anwendung, aber sobald man aber das chinesische Festland betrete, erscheine die von ihm getwitterte Fehlermeldung.

In China gelten besonders restriktive Vorgaben zur Verbreitung von Informationen. Unternehmen, die Nachrichten bereitstellen, müssen sich bei der chinesischen Zensurbehörde, der größten Behörde des Landes, registrieren und ihre Veröffentlichungen genehmigen lassen. Zusätzlich kontrollieren Zensoren bei Internetanbietern Inhalte und sperren nicht-regierungskonforme Aussagen. Die Zensurbehörde betreibt unter anderem ein Firewallsystem namens „Goldener Schild“, das das chinesische Netz vom restlichen Internet trennt und Daten von Außen filtert, zensiert oder blockiert.

Andere US-Dienste wie Facebook, Google oder Twitter werden ebenfalls durch den „Goldenen Schild“ abgeschirmt. Die staatliche Zensur macht es ausländischen Firmen zunehmend schwerer, im Land Geschäfte zu machen. So lagerte Google beispielsweise vor einigen Jahren seine chinesische Websuche nach Hongkong aus, um der Zensur zu entgehen.

Der chinesische Markt ist attraktiv für Elektronikhersteller

China ist mit seinen 1,37 Milliarden Einwohnern einer der wichtigsten Märkte für Elektronikhersteller und nach den USA für Apple der zweitinteressanteste Absatzmarkt. Allein im dritten Quartal 2015 setzte das Unternehmen umgerechnet 11,5 Milliarden Euro um und verkaufte dort erstmals mehr Smartphones als in den USA.

Sowohl der Unternehmer Salibra als auch die New York Times vermuten, man wolle sich durch diesen Schritt mit dem kommunistischen Land gut stellen.

Mit dem im September 2015 veröffentlichten Betriebssystem iOS 9, kam auch die vorinstallierte App „News“ dazu. Sie soll dem Nutzer Nachrichten aus dem WWW zusammen suchen, die speziell auf die persönlichen Interessen zugeschnitten sind. Aus selbst ausgewählten Quellen werden in der App Artikel vorgeschlagen. Auch kann die Anwendung eigenständig relevante Nachrichten vorschlagen, ähnlich wie bei Facebook.

Derzeit ist das Programm ausschließlich in den USA verfügbar. In Großbritannien und Australien läuft eine Testphase, in Deutschland ist es gar nicht verfügbar. Dies lässt sich jedoch umgehen, indem man im Betriebssystem des „i“-Produkts die Regionseinstellung auf „US“ umstellt.

Erst im vergangenen Monat hatte das kalifornische Unternehmen einige Apps aus seinem Angebot nehmen müssen, die größtenteils in China Verwendung fanden. Sicherheitsforschern des chinesischen Online-Händlers „Alibaba“ war aufgefallen, dass bis zu 40 Programme aus dem App-Store mit Schadsoftware verseucht waren. Staatliche Quellen sprachen sogar von über 350 betroffenen Apps. Schätzungen zufolge waren mehrere hundert Millionen Nutzer von dem Cyberangriff betroffen.

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