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Inflation steigt weiterGrassierende Unsicherheit verringern, bitte!

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Ja, die Inflation steigt auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Doch zusammen mit der Rezession bildet sie einen gefährlichen Cocktail.

Hoppla, das kostet. Dabei sind Lebensmittel nicht mehr die Hauptpreistreiber Foto: Sina Schuldt/dpa

D ie Inflation hat in der Energiepreiskrise ein großes Loch in die Geldbeutel der Menschen gefressen. Darum trägt es zur Verunsicherung bei, wenn das Statistische Bundesamt nun seit Oktober wieder ein Anziehen der Teuerungsraten meldet: 2,6 Prozent waren es im Dezember. Das war bereits ein glatter Prozentpunkt mehr als im September. Kommt jetzt wieder eine Teuerungswelle auf uns zu?

Immerhin an diesem Punkt kann Entwarnung gegeben werden. Öko­no­m*in­nen hatten den Anstieg erwartet. Auch sind 2,6 Prozent deutlich entfernt von Werten knapp unter 9 Prozent, wie es sie auf dem Höhepunkt der Energiepreiskrise gab. Auch sind Nahrungsmittel und Energie nicht mehr die Preistreiber, sondern Versicherungen und Pauschalreisen. Es trifft die Menschen also immerhin nicht mehr bei den Dingen des täglichen Bedarfs.

Trotzdem wäre es falsch, so zu tun, als ob jetzt alles wieder gut wäre. Denn der Kaufkraftverlust, den die Ver­brau­che­r*in­nen zuletzt verkraften mussten, war immens. Insgesamt stiegen die Preise seit 2019 um ein Fünftel. Nicht umsonst nannte Robert Habeck sie bei der Vorstellung der Herbstprojektion der Bundesregierung im Oktober das „Biest, das die Menschen ärmer machte“. Und so haben die Reallöhne trotz der relativ hohen Gehaltssteigerungen der letzten Zeit erst vergangenes Jahr wieder das Vor-Corona-Niveau etwas überschritten.

Deswegen ist es verständlich, wenn die Menschen der Situation nicht trauen. Schließlich werden sie jetzt nicht nur zweifeln, ob ihr Lohn noch mit den Preisen mithalten kann, sondern auch, ob sie in Zukunft weiterhin überhaupt einen Gehaltsscheck erhalten. Schließlich war 2024 auch das Jahr, in dem sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt drehte. Trotz allgemeiner Rekordbeschäftigung gibt es bereits Branchen, wo mehr entlassen als eingestellt wurde.

Deshalb sollte es in der Wirtschaftspolitik endlich auch um die Menschen, nicht die Unternehmen gehen. Den Beschäftigten im Dienste der Wettbewerbsfähigkeit mehr abzuverlangen, wird die Krise nicht lösen, sondern sie nur verstärken.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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