Industriegebiet aufmöbeln: Gentrifizierung mal anders​

Der Senat hat große Pläne zur Entwicklung des Hamburger Ostens: den „Industriestandort von morgen“ in Billbrook.

Luftaufnahme der Billwerder Bucht

Entwicklungsperspektiven an der Billwerder Bucht: Platz geschaffen werden könnte etwa am Billekanal. Foto: Stadtentwicklungsbehörde

Die Senatspläne zur Entwicklung des Hamburger Ostens werden konkreter: Am Montag stellte die Wirtschaftsbehörde eine weitere Facette des Gesamtkonzepts „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ vor, die speziell das Industriegebiet im Nordosten in den Blick nimmt. Wirtschaftssenator Frank Horch hat die IBA und die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) beauftragt, ein Konzept für die Modernisierung des maroden Industriegebiets zu erarbeiten.

Das 770 Hektar große Areal zwischen den S-Bahn-Stationen Rothenburgsort und Billwerder- Moorfleet ist nach dem Hafen das größte Industriegebiet Hamburgs. Unternehmen der Bau- und Logistik-Branche sind dort angesiedelt, ebenso die Chemie- und Kunststoff-Industrie sowie Import-Export-Firmen. Statt FußgängerInnen und FahrradfahrerInnen bestimmen LKWs und Transporter den Verkehr.

Daran soll sich auch in Zukunft wenig ändern. „Das ist und bleibt ein Industriegebiet“, sagte HWF-Sprecher Andreas Köpke der taz. Der Senat will sich auf die Bedürfnisse der Wirtschaft konzentrieren – was brauchen die ansässigen Unternehmen und welche Firmen könnte man zusätzlich gewinnen? Konkrete Pläne gibt es noch nicht, ebenso wenig wie ein Budget. Man befinde sich gerade erst in der Phase der Bestandsaufnahme, sagte HWF-Geschäftsführer Rolf Strittmatter.

Das hält Wirtschaftssenator Horch jedoch nicht davon ab, Hamburgs Wirtschaft große Ziele zu setzen: Ein Wachstum von drei Prozent halte er für nötig, gab er bekannt. Zum Vergleich: 2014 wuchs Hamburgs Wirtschaft um 1,6 Prozent und lag damit im bundesweiten Durchschnitt.

Im Sommer 2014 beschloss der Senat das Programm zur Aufwertung des Ostens. Die Kernziele:

15.000 bis 20.000 neue Wohnungen in Hamm und Rothenburgsort

Die Modernisierung von Industriegebieten

Die Entwicklung von Wasser- und Grünanlagen

Für den Wohnungsbau gründete der Senat mit der privaten Wohnungswirtschaft das „Bündnis für die Quartiere“.

Umso wichtiger ist es für die Pläne der Wirtschaftsbehörde, die Unternehmen ins Boot zu holen: Denn erstens hat die Stadt im Industriegebiet wenig eigene Flächen und zweitens kein Geld, um diese mit Erfolgsaussichten zu vermarkten. „Ohne Sie können wir hier nichts werden“, wandte sich Alexandra Schubert, die Abteilungsleiterin für Wirtschaftsförderung, an die FirmenvertreterInnen. Und stellte in Aussicht: „Wenn Sie einen eigenen Beitrag leisten, wird die Stadt Sie unterstützen.“

Eine solche Unterstützung könnte darin bestehen, die Billstraße „aufzuräumen“, die einigen Ansässigen offenbar ein Dorn im Auge ist. Dort gibt es ausrangierte Elektro-Geräte zu niedrigen Preisen, Waschmaschinen, Kühlschränke und Fahrzeugteile. „Import-Export“ steht an den Läden, häufig auf russisch oder arabisch. Als „Problemzone“ bezeichnet ein ansässiger Spediteur die Straße, und bezweifelt, dass die Händler, „meistens Ausländer“, dort tatsächlich Großhandel betrieben. Eine Behördenmitarbeiterin sagte, dort habe es mehrere Razzien gegeben, allerdings mit geringen Ergebnissen.

Die Stadtteilinitiative „Hamburgs Wilder Osten“ beobachtet die Senatspläne kritisch. Am meisten Sorge bereitet ihr die Entwicklung in Rothenburgsort – dort plant die Stadt eine ähnliche Kooperation mit der privaten Wohnungswirtschaft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.