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Indiens AußenpolitikDer ungeschickte Herr Modi

Indiens Außenpolitik unter Narendra Modi gegenüber Nepal und Pakistan fehlt nicht nur eine Strategie. Sie wirkt auch unprofessionell.

Mopedfahrer müssen an einer Armeetankstelle anstehen, weil Benzinlieferungen aus Delhi ausbleiben. Foto: ap

Delhi taz | Es hatte ziemlich gut angefangen. Um nicht zu sagen: spektakulär. Kaum war der Provinzpolitiker Narendra Damodardas Modi im vergangenen Jahr zum indischen Premierminister gekürt worden, startete er eine Aufsehen erregende außenpolitische Initiative nach der anderen.

Er lud Pakistans Premierminister Nawaz Sharif zu seiner Vereidigung nach Delhi ein, bei seinem Antrittsbesuch in den USA sprach er in New York wie ein Rockstar vor einem rappelvollen Madison Square Garden und als erster indischer Regierungschef besuchte er nach 17 Jahren das kleine Nachbarland Nepal.

„Die Verfassung, die Sie schreiben, wird der Weltgeschichte in goldenen Buchstaben in Erinnerung bleiben“, mit diesen und anderen Schmeicheleien gewann er die Herzen der Nepalis, die in der Vergangenheit den großen Bruder im Süden nicht immer geliebt haben.

Doch der Versuch, sich als verantwortungsvolle Regionalmacht in Südasien zu etablieren, droht inzwischen am eigenen Ungeschick zu scheitern. Vergangene Woche wurden bei Protesten gegen die neue nepalesische Verfassung an der Grenze zu Indien ein Student erschossen. Nepal beschuldigt Indien, die Proteste anzuheizen und der gute Wille, der Modi zunächst entgegen schlug, ist verpufft.

„Außenpolitisches Desaster“

Britta Petersen

Die Autorin ist freie Journalistin und Senior Fellow der Observer Research Foundation in Delhi.

Als „eklatantestes außenpolitisches Desaster“ seit Modis Wahl bezeichnet Harish Khare, Chefredakteur der Zeitung The Tribune aus Chandigarh die Entwicklung in Nepal. Als einziges Land hat Indien die neue nepalesische Verfassung, die nach Ansicht von Kritikern im In- und Ausland Minderheiten (u. a. die auch in Indien ansässigen Madhesis), durch den Neuzuschnitt von Provinzen diskriminiert, direkt kritisiert und Änderungen daran gefordert. Die Regierung in Kathmandu hat dies als Einmischung zurück gewiesen.

Seitdem blockieren Demonstranten die Grenze zwischen Indien und Nepal, über die das Land u. a. Lebensmittel und Benzin bezieht. Kathmandu wirft Neu-Delhi vor, die Demonstranten zu unterstützen, was Delhi zurückweist. Doch der außenpolitische Schaden ist da. Tunku Varadarajan von der Standford University meint sogar, Modi könne als der Mann in die Geschichte eingehen, „der Nepal an China verloren hat“.

Modi könne als der Mann in Indiens Geschichte eingehen, der Nepal an China verlor

Tunku Varadarajan

Dazu muss man wissen: Indiens Verhältnis zu Nepal ist speziell, seit Kathmandu 1950 aus Angst vor chinesischen Übergriffen einen Freundschaftsvertrag mit Indien geschlossen hat, den viele heute als ungleichgewichtig betrachten. „Nepal hat aufgehört, China als Bedrohung zu sehen. Es ist jetzt eine Demokratie und legt Wert auf nationale Souveränität“, schreibt Raja Mohan in seinem kürzlich erschienenen Buch „Modi’s World“, einer ersten Bestandsaufnahme der neuen indischen Außenpolitik.

Delhi muss auf Nepals Entwicklungen reagieren

Modis BJP verliert in Bihar

Die nationalistische Hindupartei BJP von Indiens Ministerpräsident Narendra Modi hat die wichtige Regionalwahl im Staat Bihar verloren. Laut der Wahlkommission erreichte ein Bündnis aus drei Parteien mehr als 140 der 243 Sitze im Parlament eines der bevölkerungsreichsten und ärmsten Staaten Indiens. Der BJP-Spitzenkandidat, Sushil Kumar Modi (nicht mit Ministerpräsident Modi verwandt), gestand sein Scheitern ein und gratulierte dem Führer des Gegenbündnisses, Nitish Kumar, zum Wahlsieg.

Die Wahl in Bihar war ein Stimmungstest für den seit Mai 2014 regierenden Narendra Modi. Der Ministerpräsident reiste eigens zu mehr als 30 Wahlkampfauftritten an und war der einzige Politiker, den die BJP auf ihren Plakaten zeigte. Die Niederlage in Bihar ist schon die zweite für die BJP in diesem Jahr. Im Februar hatte sie die Wahl in Delhi verloren. (dpa)

„Delhi muss eine neue strategische Partnerschaft mit Nepal entwickeln, die auf Gleichberechtigung beruht“, so Mohan. Doch davon scheint die Regierung unter Narendra Modi noch weit entfernt zu sein.

Nicht viel besser sieht die Situation an Indiens westlicher Grenze aus. Nachdem Pakistans Premierminister Nawaz Sharif gegen den Willen der übermächtigen Armee zu Modis Vereidigung gereist war und die beiden Männer dabei Geschenke für ihre Mütter ausgetauscht hatten, geht kaum noch etwas im seit jeher angespannten Verhältnis der beiden Nachbarn. Gespräche wurden abgesagt, an der Grenze wird geschossen und Manoj Joshi, ein angesehener Analyst warnt, dass „Modis eindimensionaler Ansatz gegenüber Pakistan „nicht funktionieren“ wird und „die Situation in Südasien verschlechtern“ könnte.

In der Tat hat Indiens Beharren darauf, dass Pakistan vor Gesprächen zunächst jeder Form des „Terrorismus“ abschwört, Nawaz Sharif geschwächt. Er war angetreten, das Verhältnis zu Indien zu verbessern, bekam aber schnell die Macht seiner Armee zu spüren. Als „sonderbar“ bezeichnet Joshi Delhis Beharren auf dem Terror-Thema. Denn die Zahl der Angriffe gehe seit zehn Jahren stetig zurück und stelle „kaum eine existenzielle Bedrohung“ für das Land dar.

Modi müsste mehr erklären

Auch Raja Mohan ist der Meinung, dass Modi mehr tun müsse, um „die Logik hinter dem Abbruch der Gespräche“ mit Pakistan zu erklären. Eine kohärente Strategie gegenüber Pakistan sei nicht zu erkennen. Aus Mangel an offiziellen Erklärungen greifen die Experten in Delhi auf Spekulationen zurück: Die Tatsache etwa, dass Modi mit Ajit Doval einen ehemaligen Geheimdienstchef zum nationalen Sicherheitsberater gemacht hat, gilt als ein Grund für die harte Linie.

Und erfahrene Diplomaten klagen, dass die Regierung nicht auf sie höre. Der überwältigende Wahlsieg im vergangenen Jahr dürfte Modi und seine regierende Bharatiya Janata Party (BJP) zudem ermutigt haben, in der Region erneut den starken Mann zu spielen. Eine Politik, die in Südasien eigentlich noch nie erfolgreich war.

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1 Kommentar

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  • Modis Strategie ist nahezu 1zu1 die Gleiche, mit der er als Minister des Bundesstaates Gujarat groß geworden ist. Absoluter Fokus auf die heilige "Development", natürlich nur wirtschaftlich und ohne ernste Rücksicht auf Umwelt oder Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

    Und die Position: "Wir sind die Besten und Stärksten" klappte vielleicht noch im Bundesstaat, spätestens jetzt sollte aber generell klar sein dass dies a) generell und b) auch, wie im Text genannt, gerade in dieser Region nicht funktionieren wird.

    Abgerundet wird Modi's Politik nämlich auch immer mit einem kräftigen Schuss Nationalismus, der teilweise meiner Meinung nach schon fundamentalistischem Stolz gleicht. All dies soll von dem aktuellen Versagen der tatsächlichen politischen Handlungen ablenken.

    Ich habe das letzte Jahr in Indien verbracht und die Freude gehabt, auch noch etliche Kritiker von Modi und seiner Politik zu treffen. Denn außerhalb der mit Nationalismus erreichbaren Bevölkerungsgruppen gibt es doch noch eine Menge Leute, die seine Überzeugungen nicht teilen.