■ Kommentar: In der Sackgasse
Die Koalition hat sich in eine Sackgasse manövriert. Der Streit um die Zweitwohnungssteuer, der sich bis zur heutigen Abstimmung des Parlaments über den Haushalt hinzieht, zeugt nicht nur von mangelndem Konfliktmanagement im Vorfeld, sondern auch von fehlender Weitsicht. Der Senat hat die Zweitwohnungssteuer beschlossen, ohne die Auswirkungen zu prüfen. Als der Proteststurm von Bonner Abgeordneten und Wirtschaft einsetzte, knickte die CDU ein. Ein schwaches Bild.
Doch auch die SPD konnte den Eindruck nicht ausräumen, daß hier mit heißer Nadel ein Gesetz zum Schröpfen des Bürgers gestrickt wurde. Fraktionschef Klaus Böger bezeichnete die Zweitwohnungssteuer gestern recht defensiv als „Notsignal einer gebeutelten Stadt“. Die Scheinargumente, die CDU, einige Bundestagsabgeordnete und die Wirtschaft aufgebaut haben, konnte auch die SPD nicht entkräften. Wer glaubt schon im Ernst, daß eine Firmenansiedlung in Berlin, die Millionen kostet, an ein paar tausend Mark für die Zweitwohnungssteuer der Beschäftigten scheitern wird. Dagegen hat es die SPD versäumt, die Steuer so zu gestalten, daß soziale Härten vermieden werden. Nicht jeder Zweitwohnungsnutzer ist ein Krösus.
Im wochenlangen Streit um die Steuer wurde eine Nebensächlichkeit zur Überlebensfrage der Stadt hochstilisiert. Nun haben SPD und CDU große Mühe, ihre Fraktionen auf einen Kompromiß einzustimmen, der für beide Seiten einen Gesichtsverlust vermeidet. Auch wenn ihnen das heute in allerletzter Minute noch gelingt, ist der Schaden groß. Längst hat sich die gesamte Koalition lächerlich gemacht. Dorothee Winden
Bericht Seite 22
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