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■ In Sachsen-Anhalt wird es keinen Stasi-Ausschuß gebenSPD bringt DVU kostenlos ins Gespräch

Die SPD in Sachsen-Anhalt spielt ein gefährliches Spiel. Mit immer neuen taktischen Varianten liefert sie den Populisten, die den Parlamentarismus als schmieriges Geschäft diffamieren, in diesen Tagen kräftig Argumente. Bei ihrem neuesten Versuch, die DVU auszugrenzen, taktierte sie solange, bis die Einrichtung eines Stasi-Untersuchungsausschusses am Ende platzte. Die CDU hatte sich dem Ansinnen der SPD widersetzt, keine DVU-Abgeordnete im Gremium zuzulassen. SPD-Fraktionschef Rüdiger Fikentscher wollte nur „vertrauensvollen“ Abgeordneten Einsicht in möglicherweise hochbrisante Stasi- Akten gewähren. Für die PDS ist das Gremium ohnehin überflüssig und hält nach acht Jahren demokratischer Übung einen Schlußstrich für angebracht.

In Sachsen-Anhalt zeigt sich, was geschieht, wenn eine Partei der Maxime eines diffusen „antifaschistischen Konsenses“ folgen will. Diesen Popanz hatte die SPD nach der Wahl aufgebaut, um die CDU vorzuführen. Am Ende stand die Tolerierung durch die PDS. Eigentlich konnte die SPD also zufrieden sein. Doch in ihrem eifrigen Bemühen, die CDU in eine Komplizenschaft zur DVU zu rücken, gerät sie immer mehr in einen argumentativen und rechtlichen Notstand. Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn DVU-Abgeordnete im Stasi-Ausschuß säßen? Warum diese künstliche Aufregung? Selbst die DVU hat mittlerweile einen stasibelasteten Abgeordneten und müßte daher ein Interesse haben, die Debatte um die Stasi-Vergangenheit nicht mit dem Holzhammer zu führen. Sie ist – und da ist der CDU nur zuzustimmen – als gewählte Partei auch verfassungsrechtlich an der Akteneinsicht zu beteiligen.

Mit ihrem jüngsten Hickhack um den Stasi-Ausschuß ist die SPD dabei, das ohnehin lädierte Ansehen des Parlamentarismus in Ostdeutschland zu beschädigen. Unangenehm ist vor allem der paternalistische Tonfall, den ihr Fraktionschef Fikentscher anschlägt. Es kann nicht angehen, daß eine Partei darüber entscheiden will, wen sie in den Kreis aufnimmt, der über den Umgang mit einem – zugegebenermaßen – brisanten Thema wie das der Stasi-Belastung von Abgeordneten entscheidet.

Auf Dauer wird sich die SPD mit ihrem Kurs schaden. Zugleich aber dürfte sie die DVU beglücken. Denn der zusammengewürfelten und von der Münchener DVU-Zentrale ferngesteuerten Parlamentstruppe kann gar nichts Besseres passieren, als daß sie nichts tut und trotzdem über sie geredet wird. Severin Weiland

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