In Frieden leben: "Wir sind vertrieben worden"
Martin Mosel stieß mit seiner Beschwerde gegen den Corfu-Grill auf Ablehnung, "Mopo" und "Abendblatt" fielen über ihn her. Nun verlässt er Eimsbüttel.
Martin Mosel hat es derzeit nicht leicht. „Hätte ich mal lieber die Klappe gehalten“, sagt der 46-jährige Steuerfachangestellte. Doch als der Corfu-Grill, ein griechisches Restaurant in Eimsbüttel, seine Außengastronomie ohne behördliche Genehmigung vergrößerte, platzte ihm der Kragen. Mosel, der neben dem Restaurant wohnt, beschwerte sich im Namen seiner Mitbewohner beim Bezirksamt. „Diese Ausweitung des Grills macht das Leben hier unmöglich“, sagt Mosel mehrere Tage später, als er die Aktion längst bereut und sich „in den Arsch beißen könnte“.
Denn bei dem Beschwerdebrief ans Bezirksamt blieb es nicht. Er verteilte ein Schreiben in der Nachbarschaft, in dem er „starke Geruchsbildung, Lärmemissionen und unangemessenes Verhalten der Gäste“ anprangerte und Gleichgesinnte bat, ihm eine E-Mail an ichauch@keincorfu.de zu schreiben. Mit dem, was dann geschah, hatte er nicht gerechnet.
Sein Schreiben landete im Internet, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Leute warfen ihm vor, dass er den Corfu-Grill schließen wolle, diffamierten ihn als „Spießer“, „Mosel-Loser“, „Yuppie“ oder „hergezogenen Schlipsträger“, drohten ihm mit „Widerstand“. Flugs wurde er zur Persona non grata in Eimsbüttel, einem Buhmann. Jemand schrieb online: „Was für’n verbohrter Typ.“
Auch die Presse wurde auf ihn aufmerksam. Das Hamburger Abendblatt erwähnte ihn namentlich, nannte ihn in boulevardesker Manier den Initiator einer „Anti-Gyros-Front“. Die Mopo druckte ein Schwarzweiß-Foto, auf dem Mosel Hitler ähnelt, nannte ihn einen „Anführer“ und kürte den Corfu-Grill zum beliebtesten Griechen Hamburgs. Ein Redakteur von Spiegel Online schrieb ihm: „Liebe Kleingeister, das ist Panikmache vom Feinsten.“
Mosel sieht das anders. Von wegen Panikmache. Er hat Fotos gemacht, die seine Beschwerde belegen sollen: vom übergelaufenen Fettfilter auf dem Dach des Corfu-Grills, vom Müll im Hinterhof und von einem der Balkone, „auf denen man nicht mehr sitzen kann, weil es so stinkt“, wie Mosel sagt, der sich immer mehr in Rage redet, fast schreit. „Mir steht die Hutschnur bis hier!“ Er deutet mit der Hand an, wie hoch sie ihm steht.
Die Fotos des griechischen Restaurants hat er in einem Ordner archiviert. Auch Beschwerdebriefe, E-Mails, Facebook-Einträge finden sich dort, säuberlich mit rosa Post-its sortiert.
Das Bezirksamt hat Mosel bis heute nicht geantwortet. Letztlich, sagt er, verstehe ihn niemand. Sein Lebenspartner und er werden Eimsbüttel verlassen; ein neuer Mietvertrag sei schon unterschrieben. „Mit diesem Stadtteil bin ich fertig“, schimpft Mosel. „Ich versteh’ nicht, wie die Mopo und diese Springer-Presse einen Menschen so denunzieren können. Die sind Teil einer Suppe, die man getrost in den Gulli kippen kann.“
Mosel will das Abendblatt und die Mopo verklagen. Seine Anwältin sei schon an dem Fall dran, sagt er. Denn er sieht sich als Opfer einer Hetzjagd: „Wir sind vertrieben worden.“
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