: In Dortmund liegt was in der Luft
Da die Kommunen das Feinstaubproblem seit Jahren verschlafen haben, verstoßen sie nun gegen die EU-Norm. Doch Schuld ist nicht allein der Autoverkehr – Kraftwerke und Industrie machen viel Dreck
VON ULLA JASPER
Dortmund ist spitze – zumindest was die Feinstaubbelastung angeht. Wie die Messwerte des Landesumweltamtes belegen, wird die Stadt in den nächsten Tagen als zweite nordrhein-westfälische Stadt nach Düsseldorf den zulässigen Grenzwert für Krebs erregenden Feinstaub überschreiten – und die Stadt am Rhein in Sachen Dreck überflügeln. Denn während man in Dortmund noch überlegt, was man gegen das Problem tun will, ist man in der Landeshauptstadt schon einen Schritt weiter – Lkw über 2,8 Tonnen dürfen den die Corneliusstraße nicht mehr befahren. In weiteren Schritten kann ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge ohne Filter verhängt werden, das sogar auf die gesamte Südstadt ausgedehnt werden könnte.
In Dortmund hingegen steckt man noch mitten in der Planungsphase – von einer Strategie, um die 1999 von der EU verabschiedete Richtlinie zu erfüllen, ist bisher nicht viel zu sehen. Allerdings hatte Umweltdezernent Wilhelm Grote bis vor wenigen Tagen auch noch gehofft, dass der Grenzwert frühestens im Mai überschritten werde (taz vom 30.3.2005). Doch so lange wird es mit Sicherheit nicht mehr dauern, weshalb der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) umso dringender ein kommunales Anti-Feinstaubprogramm fordert. Die Straßenreinigung sei da kein ausreichendes Mittel.
Viel mehr fordern die Umweltschützer, dass die Dortmunder Innenstadt in Zukunft nur noch von solchen Dieselfahrzeugen angesteuert werden dürfe, die mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind und die Abgasnorm Euro-3 erfüllen. Allerdings räumen sie ein, dass alle kommunalen Maßnahmen irgendwann an Grenzen stoßen: „Dortmund leidet eben auch unter der Blockade der deutschen Autoindustrie, die sich Jahre lang geweigert hat, Rußfilter serienmäßig in die Fahrzeuge einzubauen“, kritisiert Dirk Jansen, Geschäftsleiter des nordrhein-westfälischen Landesverbands des BUND.
Doch gerade für das Ruhrgebiet fangen die Feinstaub-Probleme beim Auto- und Lkw-Verkehr erst an, befürchten die Umweltschützer. Messungen an Standorten, die wenig vom Autoverkehr belastet seien, hätten gezeigt, dass auch dort die Feinstaubnorm deutlich überschritten werde. Der Grund: die nicht einmal zehn Mikrometer großen, Krebs erregenden Partikel werden nicht nur vom Autoverkehr in die Luft geblasen. „Etwa 50 Prozent der Gesamtbelastung geht auf die so genannte Hintergrundbelastung zurück – neben Privathaushalten sind das vor allem Tagebaue, Kohlekraftwerke oder Stahlwerke, aber auch Bergehalden“, so Jansen. Zwar hat die industrielle Verschmutzung durch bessere Filtertechniken und den Strukturwandel in den letzten Jahren abgenommen, doch „die Situation ist immer noch dramatisch“, so Jansen.
Nach Angaben der Umweltschützer stoßen allein die Braun- und Steinkohlekraftwerke in NRW rund 8.000 Tonnen Staub aus, davon sind 70 Prozent gesundheitsgefährdender Feinstaub. Besonders belastet werden zudem die Anwohner von Tagebauen: Messstationen in den Gemeinden Niederzier und Elsdorf, die an den Braunkohletagebau in Hambach angrenzen, haben im vergangenen Jahr an 50 bis 70 Tagen Werte gemessen, die weit über der zulässigen Norm lagen. Der Braunkohleabbau stehe eindeutig als Verursacher fest. „Die Politik und die Energieversorger müssen endlich handeln“, fordert der BUND.
Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) weist die Kritik zurück. „In der Tat gibt es Standorte, an denen wir eine starke industrielle Belastung mit Feinstaub haben, aber wir sind schon seit Jahren mit dem Problem befasst“, so Höhn zur taz. Die Ministerin sieht nun vor allem die Städte in der Pflicht, etwas gegen die Belastung zu tun – einige Kommunen hätten das Problem in der Vergangenheit verschlafen.
Sehr zum Ärger der Bevölkerung. In Dortmund bereitet der BUND nun gemeinsam mit Bürgern eine Klage vor, die eingereicht werden soll, sobald der Grenzwert überschritten wird. Die Umweltministerin begrüßt den Schritt: „Generell unterstütze ich die Klagen der Betroffenen und der Umweltverbände, weil dadurch mehr Druck entsteht, etwas zu tun.“