: In Daddies Vorgarten
■ Make place for the old: Auch Andrew Tosh kommt wie die Marley-Söhne nicht aus dem Schatten des Vaters heraus
Wenn Bob Marley der John Lennon des Reggae ist, dann ist Peter Tosh der Paul McCartney. Natürlich haben die Kinder der beiden Reggae-Überväter allesamt an dieser Bürde schwer zu tragen. Für sie gilt es, den künstlerischen Schatten ihrer übermächtigen Eltern erst einmal zu verlassen, bevor sie überhaupt von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Andrew Tosh, der am Freitag in der Fabrik gastiert, hat genau dieses Problem. Das Talent zu großer Reggaemusik sollte dem Sohn von Peter Tosh und Shirley Livingstone, einer Schwester von Bunny Wailer, in der Wiege gelegen haben. Dennoch ist er relativ unbekannt und gilt als Revival- Künstler, der mit den alten Kollegen seines Vaters, den Starlites, dessen Musik zu kopieren versucht. Der junge Tosh debütierte 1985 als 18-Jähriger mit der Single „Vanity Love“, die er mit Charlie Chaplin produzierte. Es folgten Aufnahmen mit Jimmy Cliff.
Als dann Peter Tosh, vermutlich von einem Einbrecher, in seinem Haus in Kingston erschossen wurde, trat Andrew dessen musikalisches Erbe an. Noch im selben Jahr nahm er das Album Original Man auf, 1989 folgte Make Place For The Youth, auf dem er von der Band seines Vaters begleitet wurde. Obwohl sich seine Diskographie wie ein who is who der älteren jamaikanischen Reggaeszene liest, ist Andrew Tosh kein wirklich großer Interpret. Seine eher folkloristische Show beinhaltet zwar handwerklich solide gespielten Reggae, doch rückt ihn dies noch nicht in die Nähe seines charismatischen und politisch bedeutsamen Vaters.
Obwohl in Deutschland sowohl Peter Tosh als auch Bob Marley vielfach als „Peace, Love and Unity“-predigende Softies missverstanden wurden, waren ihre Lieder vor dem Hintergrund der bürgerkriegsähnlichen Zustände in Jamaika und der politisch bewegten 70er-Jahre durchaus kämpferisch gemeint. Peter Tosh etwa war ein erklärter Gegner des Regimes der Weißen und ließ keinen Zweifel an seiner Position. Wie bei einem Konzert auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg: „This used to be Hitler's backyard, now we make it reggae's frontyard“. In seiner Militanz und der Schärfe seines Urteils, übertraf er auch Bob Marley, mit dem er bis 1973 die legendären Wailers präsentierte. Sein Ausstieg hatte neben politischen auch künstlerische Motive.
Anders als die Söhne Bob Marleys, von denen zumindest Ziggy und Kymane einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangten, weil sie eigene musikalische Pfade einschlugen, lehnt sich Andrew Tosh aber fast ausschließlich an das musikalische Werk seines Vaters, ohne dessen Kritik an der als „babylon rat race“ bezeichneten weißen, kapialistischen Gesellschaft fortzuführen. Auf die Frage, wie der Künstler selbst seine Musik beschreiben würde, war der um die Antwort nicht verlegen: „positive“.
Moritz Lautenbach
Fr, 21. Januar, 20 Uhr, Fabrik
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