Impeachmentverfahren gegen Trump: More of the same
Die Ankläger gegen Donald Trump im US-Senat haben starke Argumente für seine Verurteilung. Doch die Republikaner sind wenig beeindruckt.
Nach der mit neuen, zum Teil spektakulären Videoaufnahmen unterlegten detaillierten Nacherzählung dessen, wie Trump seine Anhänger*innen über viele Monate immer weiter angestachelt und damit den Sturm aufs Kapitol am 6. Januar befördert hatte, konzentrierte sich das Team um Chef-Ankläger Jamie Raskin am Donnerstag darauf, einige der vermuteten Verteidigungslinien von Trumps Anwälten im Vorhinein zu entkräften.
Die Verteidigung, die am Freitag (ab 18 Uhr mitteleuropäischer Zeit) das Wort hat, wird vermutlich auf Trumps Recht auf freie Meinungsäußerung abzielen, wie es im 1. Verfassungszusatz garantiert ist. Auch Trumps Rede am Vormittag des 6. Januar, als er die Menge aufgefordert hatte, zum Kapitol zu ziehen und dafür zu kämpfen, dass der „Wahlbetrug“ gestoppt werde, sei völlig „im Rahmen politischer Rede, die vom 1. Verfassungszusatz geschützt ist. Ihn dafür verurteilen zu wollen, würde der freien Rede in diesem Land großen Schaden zufügen,“ hatten die Verteidiger in einem Schriftsatz vor Verfahrensbeginn argumentiert.
Unsinn, entgegnete Jamie Raskin. „Wenn überhaupt, dann war Präsident Trumps Verhalten ein Angriff auf den 1. Verfassungszusatz und den Gleichheitsgrundsatz, unter dem Millionen von Amerikaner*innen handelten, als sie im vergangenen Jahr ihre Stimme abgaben, oft unter schwierigsten Bedingungen.“ Sie alle habe Trump durch seine Angriffe auf die Legitimität der Stimmauszählung entrechten wollen.
Rauft Trumps Verteidigung sich zusammen?
Die Anklage hat ihre Argumentation nicht auf einzelnen Äußerungen Trumps aufgebaut. Stattdessen sprachen sie immer wieder von der „Big Lie“, der schon Monate vor der eigentlichen Wahl von Trump verbreiteten „großen Lüge“, er könne die Wahl überhaupt nur verlieren, wenn ihm durch massiven Betrug der Sieg gestohlen würde.
Damit habe er seine Anhänger*innen in den festen Glauben versetzt, sie seien moralisch im Recht, auch gewaltsam für Trumps Verbleib im Amt einzutreten, wenn ihn dunkle Kräfte illegal aus dem Weißen Haus entfernen wollten. Die Ankläger*innen spielten Videos vor, in denen sich Angreifer*innen aufs Kapitol direkt auf Trump beziehen: Der Präsident habe sie geschickt, deshalb seien sie da.
Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich Trumps Anwälte Bruce Castor und David Schoen am Freitag schlagen werden. Für ihren ersten Auftritt am Dienstag, als es um die Frage ging, ob das Impeachmentverfahren gegen einen nicht mehr amtierenden Präsidenten überhaupt verfassungsrechtlich möglich ist, hatten sie auch von konservativer Seite vernichtende Kritik erhalten. Inkoherent, zusammengestottert, unverständlich sei der Vortrag gewesen. Trump-Unterstützer Newt Gingrich sagte auf Fox News, er habe noch nie ein schlechteres Plädoyer gesehen.
Ebenfalls erwartet wird, dass Trumps Anwälte etliche Clips einspielen, in denen demokratische Politiker*innen bei der Unterstützung von Black-Lives-Matter-Protesten im vergangenen Jahr zu sehen sind, gegengeschnitten mit Aufnahmen von Plünderungen und Hausbränden nach Ausschreitungen bei diesen Protesten etwa in Portland. Das Argument wird sein, auch sie hätten politische Gewalt befördert, und dann müsse man gleiche Maßstäbe anlegen.
Vergleich hinkt
Es ist offensichtlich, dass der Vergleich auf allen möglichen Ebenen hinkt, juristischen wie politischen. Aber für Trump-treues Fernsehpublikum, das noch im Ohr hat, wie ihr Präsident ein ums andere Mal betonte, Gewalt ginge in der Regel von Linken und Antifa aus, dürfte er funktionieren. Und die rund 74 Millionen Trump-Wähler*innen bleiben die Basis der republikanischen Partei, die Grundlage jedweder konservativer Wahlstrategien.
Das wissen auch die republikanischen Senator*innen, von denen mindestens 17 mit allen 50 Demokrat*innen stimmen müssten, um die für eine Verurteilung notwendige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Doch nur sechs haben am Dienstag überhaupt die Zulässigkeit des Verfahrens unterstützt. Noch herrscht das Gefühl, ein Bruch mit Trump wäre auch ein Bruch mit dem Großteil der eigenen Wähler*innen. Für einen größeren Sinneswandel in den republikanischen Reihen gibt es derzeit keine Anzeichen.
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