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In alten Akten nachgeschautImmer schön zahlen

■ Die Prognose rechnete mit 20 Jahren Erfolg und 500 neuen Arbeitsplätzen

Der Beschluss der Wirtschaftsförder-Ausschüsse vom 8.2.1996 war eindeutig: Die „entstehenden Haushaltsbelastungen“ aus dem Umbau des gescheiterten ShowParks zum „Musical-Theater“ seien „auf jährlich DM 1,7 Mio. zu begrenzen“. Diese Summe von 1,7 Millionen Mark Musical-Zuschuss ist im Zuschuss für die staatliche „Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft“ (HVG) seitdem jedes Jahr enthalten.

Allerdings musste nach den Berechnungen von 1996 das Musical 20 Jahre lang erfolgreich laufen, um das Projekt rentabel erscheinen zu lassen. Ursprünglich sollte Bremen den 48 Millionen Mark teuren Umbau staatlich finanzieren, „das hat sich als steuerlich problematisch herausgestellt“, erfuhren die Wirtschaftsförderer damals. Lösung daher: Die Bremer HVG gibt einen nach Auslastung gestaffelten Mietzuschuss. Wenn die Auslastung 70 Prozent beträgt, beläuft sich der jährliche Zuschuss auf die als Obergrenze beschlossenen 1,7 Millionen im Jahr. Wenn die Auslastung bei 50 Prozent liegt, war der jährliche Zuschussbedarf auf 2,8 Millionen Mark pro Jahr eingeplant. Welcher Preis der Eintrittskarten bei der Definition der „Auslastung“ zugrunde gelegt worden ist, wurde nie öfffentlich transparent gemacht; die freizügige Art der Jekyll&Hyde-GmbH, Rabatte und Freikarten zu verteilen, deutet darauf hin, dass bei „Auslastung“ nicht die besetzten Plätze gerechnet werden.

Per Gutachten und Expertise, wie es sich gehört, wurde den Bremer Wirtschaftsförderern damals vorgerechnet, wie sich das Projekt „lohnt“ für Bremen. 40 Prozent der Besucher von Jakyll&Hyde würden in Bremen auch übernachten, das macht 190.000 belegte Betten, stellten die Gutachter fest, und errechneten einen Kaufkraftzuwachs von 48 Millionen im Jahr und die Schaffung von 500 neuen Arbeitsplätzen. Steuergewinn (vor Länderfinanzausgleich): rund sechs Millionen. Das allerdings nur bei einer Auslastung von 90 Prozent voll zahlender Besucher. Eine Auslastung von 50 Prozent wurde in die kalkulationen nicht einbezogen.

Im Nachhinein werden solche Zahlenwerke vorsichtshalber nicht einem Erfolgs-Controlling unterworfen. Offensichtlich ist, dass damals viel Hoffnung den Taschenrechner antrieb. 1998/1999 sollte der Space Park eröffnet werden, 1999 der Ocean-Park. Messehallen, Glocke sind aufgelistet, die HVG sollte nicht allein für das Musical die Vermarktung übernehmen. Die Schlachte mit ihrem umsonst&draußen-Angebot war damals noch nicht in die Liste der Expo-Attraktionen aufgerückt.

K.W.

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