: Immer schön am Boden bleiben
■ Gerhard Schröder mahnt die Grünen und die eigene Partei, eine rot-grüne Koalition nicht mit maßlosen Forderungen zu überfrachten. Doch die Jusos widersetzen sich Schröders Wunsch
Bonn/Magdeburg (dpa) – Der SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hat die jüngsten Beschlüsse der Grünen als Hindernis für eine rot-grüne Koalition in Bonn bezeichnet. Der Grünen- Parteitag habe ihn „alles andere als glücklich gestimmt“, sagte Schröder am Sonntag beim Bundeskongreß der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA) in Magdeburg. „Das ist keine Basis für eine Zusammenarbeit, eher das Gegenteil.“ Die Forderung der Grünen nach einem Benzinpreis von fünf Mark pro Liter nannte er „ausgemachten Quatsch“. So etwas könne nie in einer Koalitionsvereinbarung mit der SPD stehen.
Schörder warnte seine eigene Partei vor überzogenen Forderungen an eine künftige SPD-Bundesregierung und vor nicht finanzierbaren Wahlversprechen. „Wir dürfen nicht nur darauf achten, was wir uns wünschen, sondern was geht“, sagte Schröder. Notwendig sei nach dem Regierungswechsel erst ein Kassensturz, „bevor wir sagen, was wir uns leisten können“.
Die AfA und die Jungsozialisten (Juso) hatten zuvor konkrete Festlegungen und Versprechungen für den Fall eines Wahlsieges der Sozialdemokraten verlangt. Die Jusos erneuerten ihre Kritik am Wahl- und Regierungsprogramm der Mutterpartei. Juso- Chefin Andrea Nahles und SPD- Vorstandsmitglied Benjamin Mikfeld verlangten unter anderem, das Ziel Vollbeschäftigung und konkrete Ausbildungszusagen ins SPD-Programm aufzunehmen. Die SPD-Arbeitnehmer forderten in Magdeburg ein 100-Tage-Programm eines SPD-Kanzlers, in dem genau aufgelistet werden soll, welche Kürzungen der Bonner Koalition unverzüglich zurückgenommen werden. Sofort nach einem Wahlsieg müßten etwa die Senkung des Rentenniveaus und die Kürzung bei den Renten für Schwerbehinderte in Angriff genommen werden. Zum Katalog des Arbeitnehmerflügels gehört weiter die Wiedereinführung der 100prozentigen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Schlechtwetterregelung am Bau. Nach den Worten von SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering ist noch offen, ob die SPD ein solches 100-Tage-Programm für konkrete Sofortmaßnahmen im Wahlkampf vorlegen wird.
Schröder sagte einer Sonntagszeitung, eine große Koalition nach der Bundestagswahl sei für ihn keine „strategische Option“, sie könne allerdings zur „Notwendigkeit“ werden. Müntefering nannte ein Zusammengehen der SPD mit der FDP nach einem Wahlsieg von allen Möglichkeiten die „unwahrscheinlichste Option“.
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