Kommentar: Immenser Imageschaden
■ Die Berliner Flughafenaffäre weitet sich aus
Berlin ist stolz, unheimlich stolz. Zehn Jahre hat es gedauert – jetzt ist es so weit. Die Bundesregierung ist längst auf dem Weg in die neue Hauptstadt. Demnächst kommt sogar Kanzler Gerhard Schröder höchstpersönlich. Nur auf welchem Flughafen er und seine Gäste in Zukunft landen werden – das könnte wieder ungewiss werden. Denn die Planungen für den Bau des neuen Großflughafens Berlin-Schönefeld sind gefährdet.
Grund: die zweite schwere Schlappe der Berlin Brandenburg Flufhafenholding (BBF) innerhalb kürzester Zeit. Die Unregelmäßigkeiten bei der BBF-Privatisierung sind kaum noch zu verbergen. Und die haben die Regierenden in Berlin, Potsdam und Bonn zumindest mit zu verantworten. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Berlin in den Akten des Essener Hochtief-Konzerns, der zunächst den Zuschlag für Bau und Betrieb des neuen Airports erhalten hatte, belastendes Material gefunden: interne Unterlagen der Konkurrenzfirma IVG.
Bereits vor zwei Wochen hatte das Brandenburger Oberverwaltungsgericht die BBF-Privatisierung für rechtswidrig erklärt. Grund war unter anderem das Doppelmandat der Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. Sie saß sowohl im BBF-Aufsichtsrat als auch in dem der Bankgesellschaft Berlin, die dem Hochtief-Konsortium angehört. Vettern- beziehungsweise Basenwirtschaft nennt man das andernorts.
In der Hauptstadt sieht man das gelassen. Abwarten und weiterwurschteln, heißt die Devise. Egal, wie die Sache letztlich ausgeht – der Imageschaden für Berlin ist immens. Der Ruf, eine moderne, aufstrebende Metropole zu sein – wofür unter anderem die Love Parade herhalten musste –, dieses krampfhaft aufgebaute Image, mit dem im Konkurrenzkampf der Regionen gepunktet werden sollte, dürfte nun endgültig dahin sein.
Die Flughafenaffäre zeigt den heiß umworbenen Investoren in aller Welt jedenfalls vor allem eines: Die Verantwortlichen in der Hauptstadt sind nicht in der Lage, ein solches strukturpolitisch bedeutendes Projekt korrekt durchzuziehen. Sie sollten sich nicht wundern, wenn eine alte Idee wieder auftaucht: den Großflughafen in der sachsen-anhaltinischen Provinz zu bauen. Gerhard Schröder, welcome to Berlin Stendal International Airport! Richard Rother
Bericht Seite 19
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