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■ Gesetzes-HickhackIm Tiefschlaf

Ein Gesetz zu verabschieden, von dem man vorher weiß, daß es sofort geändert werden muß, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Bausenator Nagel bemühte sich gestern dennoch, das Hin und Her um ein Paragraphenwerk zu rechtfertigen. Dafür gab es allen Grund: Das Entschädigungsgesetz in seiner jetzt gültigen Fassung würde die Wohnungsbaugesellschaften in Berlin und den neuen Ländern in große wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen und den Erhalt von Wohnungen mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen nahezu unmöglich machen. Es wäre ein hohes Maß politischer Unverantwortlichkeit gewesen, das Gesetzesvorhaben für erneute Beratungen in Parlamentausschüssen verschwinden zu lassen, behauptete der SPD-Politiker. Man kann sich darüber streiten, ob es schlechter gewesen wäre, dem Gesetz nicht zuzustimmen.

Was Unverantwortlichkeit angeht, ist nur eins unstrittig: Die Verwaltung von Finanzsenator Pieroth (CDU) und alle anderen Berliner Verwaltungen haben seit Mai tief geschlafen. Nagels Entschuldigung, auch andere Bundesländer hätten den entscheidenden Passus übersehen, macht die Lage auch nicht besser. Sondern sogar schlimmer: Offenbar ist etwas faul, wenn Ministerriegen ganzer Bundesländer und ihren Abteilungsleitern die Folgen von Händchenheben und Unterschriften nicht mehr klar sind. Da scheint es nur konsequent zu sein, wenn der Regierende Bürgermeister am gleichen Tag verkündet, daß das Land Berlin keinen Politiker, sondern einen Mann aus der Wirtschaft zum Aufsichtsratsvorsitzenden der skandalgeschüttelten Flughafen-Holding bestellen will. Wenn Politiker sich quasi selbst abschaffen, zeigt das ein hohes Maß an Einsichtsfähigkeit – beruhigend ist das dennoch nicht. Dirk Wildt

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